„Eine unglaubliche Architektur, die fast schon kathedralen Charakter hat“,
so schwärmte die Stuttgarter Stadtdirektorin Andrea Klett-Eininger, die das Projekt Stuttgart 21 schon seit vielen Jahren begleitet. Und was sie damit meinte, konnten wir bei unserem Besuch auf der Baustelle von S21 sehr gut nachvollziehen. Doch der Reihe nach:
Wieder einmal durften wir, 38 ehemalige Kolleginnen und Kollegen, an einer Veranstaltung unseres tollen ASP-Teams teilnehmen. Um 11.45 Uhr trafen wir uns am 23. April 2024 am Bahnhof Ludwigsburg, um an der „Baustellenführung Stuttgart 21 / Neuer Hauptbahnhof: Bahnsteighalle“ teilzunehmen. Die Vorbereitung, Organisation und Leitung dieser Aktivität lag in den bewährten Händen der beiden Kolleginnen Sonja Ehnle und Herta Stahl, die uns beide herzlich begrüßten. Sie freuten sich über die vielen Anmeldungen und bedauern gleichzeitig, dass nicht alle Anmeldungen berücksichtig werden konnten. Bei allen von uns war das große Interesse zu spüren. Beherrschte das Thema „S21“ doch in den letzten Jahren sehr oft die Diskussionen der Politik und der Öffentlichkeit mit sehr unterschiedlichen, und oft auch weit auseinanderliegenden Ansichten und Meinungen.
Mit der S-Bahn ging es zügig bis Stuttgart Hauptbahnhof. Und mit wenigen Schritten waren wir von dort aus beim Brauhaus Schönbuch angelangt, was viele von uns ja schon von früheren Besuchen kannten. Auch wenn wir etwas zeitiger ankamen, konnten wir trotzdem sofort in den Gasträumen Platz nehmen. Getränke und Essen wurden schnell bestellt und auch zügig serviert. Und ebenfalls schnell entstand eine rege Unterhaltung an allen Tischen. Einfach schön, sich einmal wiederzusehen!
Gut gespeist verließen wir dann das Restaurant wieder. Unser Ziel war jetzt das IST, der InfoTurmStuttgart. Dieser befindet sich direkt an Gleis 16 des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Auf 4 Ebenen erschließt sich dort dem Besucher nicht nur eine umfassende Information über eines der spektakulärsten Bauprojekte Europas, wie es im Turm heißt, sondern der Besucher kann sich multimedial und interaktiv auch selbst ein umfassendes Bild verschaffen. Doch vorher hatten Sonja Ehnle und Herta Stahl auf dem kurzen Weg zum Turm noch eine Überraschung für uns parat: wir erhielten alle eine frische Brezel, die sich die meisten von uns auch gleich schmecken ließen, quasi noch als Nachtisch zum vorherigen Mittagessen.
Im ITS InfoTurmStuttgart angekommen, erhalten wir zunächst einmal Kopfhörer, um bei der anstehenden Führung auch alle Ausführungen unserer Führer gut zu verstehen. Ideal für uns, dass die Lautstärke den eigenen Bedürfnissen entsprechend individuell eingestellt werden konnte.
Dann teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Der Guide unserer Gruppe war Andreas Hofmann, der uns alle herzlich willkommen hieß. Auch wenn wir bereits das Treppenhaus mit den vielen Bild- und Textinformationen sehen, verbringen wir die ersten 10 Minuten noch im Erdgeschoss und lauschen interessiert den Ausführungen von Herrn Hofmann. Dieser lenkt unseren Blick zunächst auf ein großes Relief im Eingangsbereich. Auf diesem wird das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm und die künftige Streckenführung dargestellt. Und es wird deutlich, dass das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm aus zwei Teilprojekten besteht. Diese sind das Projekt Stuttgart S21 sowie die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm. Die Bauherrin dieses immensen Projektes ist die Deutsche Bahn im Verbund mit ihren Partnern: der Bundesrepublik Deutschland, dem Land Baden-Württemberg, der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Verband Region Stuttgart und dem Flughafen Stuttgart.
Bereits durch den Vergleich der auf dem Relief dargestellten bisherigen Streckenführung und der geplanten neuen Streckenführung können wir die Ausführungen unseres Guides sehr gut nachvollziehen, dass sich hier die Fahrtzeiten deutlich reduzieren werden. Und dies letztlich nicht nur im Regional- sondern auch im Fernverkehr. Wie uns gesagt wird, benötigte die Bahn für die Strecke von Ulm nach Stuttgart (Luftlinie ca. 90 Kilometer) auf der alten Trasse für eine Fahrt mit dem ICE eine Fahrzeit von 56 Minuten. Hinzu kommt, dass es auf dieser Strecke einen sogenannten „Mischbetrieb“ gibt mit Regio- und Güterverkehr, was bedeutet, dass die langsameren Regionalzüge in den Bahnhöfen immer wieder mal rechts ranfahren müssen, um die schnelleren Züge vorbei zu lassen. Diese lange Fahrzeit konnte seit 11.12.2022 durch die Inbetriebnahme der Schnellfahrstrecke Wendlingen-Ulm bereits auf 42 Minuten verkürzt werden, wovon auch Reisende zwischen Nordrhein-Westfalen und Bayern profitieren. Zusätzlich konnte das tägliche Angebot im Fernverkehr Stuttgart/München um rund 20 Fahrten aufgestockt werden. Durch das Projekt S21 ist eine weitere Verkürzung von 15 Minuten geplant, so dass die künftige Fahrzeit nur noch 27 Minuten betragen soll. Bei diesen Ausführungen wurde vielen von uns erstmals deutlich, welche Optimierungen im Reiseverkehr die Realisierung dieses Projektes mit sich bringen kann.
Doch dann hieß es Treppensteigen, denn bereits im Treppenhaus gibt es durch die angebrachten Bild- und Texttafeln viele interessante Informationen. Seine chronologischen Ausführungen begann Herr Hofmann mit dem Hinweis auf 1988 und auf den Verkehrswissenschaftler und Professor für Eisenbahnwesen an der Universität Stuttgart, Herrn Gerhard Heimerl und die nach ihm benannte „Heimerl-Trasse“, die genau dieses Ziel hatte, den Zugverkehr zwischen Stuttgart und Ulm zu verbessern. Dies wollte er mit einem neuen Durchgangsbahnhof erreichen, der quer unter dem bisherigen Kopfbahnhof liegen sollte.
Als nächstes markantes Datum nannte unser Guide das Jahr 1994 mit der Ideenskizze Stuttgart 21. Diese sah vor, den Hauptbahnhof an seinem bisherigen Standort zu erhalten, den Stuttgarter Flughafen anzubinden, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke auf Basis der Heimerl-Trasse zu realisieren und die künftig nicht mehr erforderlichen Bahnflächen städtebaulich zu nutzen.
Bereits im folgenden Jahr 1995 heißt es in einer von den Beteiligten in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie, dass Stuttgart 21 technisch machbar sei und Vorteile sowohl für Städtebau und Verkehr bringen würde. Und so wurde dann am 7. November 1995 eine Rahmenvereinbarung von den oben genannten Projektpartnern unterzeichnet, wonach das Projekt weiter zu entwickeln und zu fördern sei.
Aus dem folgenden Realisierungswettbewerb wird 1997 von den 32 Juroren einstimmig der Entwurf des Büros „Ingenhoven, Overdiek und Partner“ zum Sieger gewählt. Doch wer jetzt dachte, dass es damit endlich losgehen könnte, hatte nicht mit der Deutschen Bahn gerechnet. Denn der damalige Bahn-Chef Ludewig verfügt 1999 einen Stopp der Planungen und spricht sich gegen das Projekt aus. Im Gegensatz dazu spricht sich jedoch der Landtag für das Projekt aus und fordert die Landesregierung auf, sich bei der Bundesregierung und der Bahn mit Nachdruck für das Projekt einzusetzen. In der Folge beschließt 2001 der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG, das Projekt weiter zu planen. Das war die Grundlage für das Unterzeichnen des Kaufvertrages der Deutschen Bahn AG und der Landeshauptstadt Stuttgart für die dann freiwerdenden Gleisflächen von 85 Hektar. Der damalige Verkaufspreis betrug 830 Mio. DM. Es war übrigens der letzte Monat, wo es noch die DM gab, bevor dann – wie wir ja alle wissen – am 1. Januar 2002 der Euro als Bargeld eingeführt wurde.
Wie uns erläutert wurde, war der Kaufpreis das Ergebnis einer Mischkalkulation. Anhand einer Grafik zeigte uns Herr Hofmann dann, um welche Geländeteile es dabei ging. Diese erstrecken sich zwischen Hauptbahnhof im Süden, dem Rosensteinpark im Norden, dem Nordbahnhofsviertel im Westen und dem Schlossgarten im Osten. Hier soll nach der Vorstellung der Stadt Stuttgart künftig der neue Stadtteil Stuttgart Rosenstein entstehen. Wenn es Sie interessiert, finden Sie hierzu im Internet unter www.rosenstein-stuttgart.de noch weitere interessante Informationen
Dann zeigte uns der Guide in der ersten Ebene des Turms ein weiteres Schaubild mit dem Titel „Projekt-Steckbrief“. Hier konnten wir das heutige Streckennetz, die Neubaustrecke und den Bahnknoten S21 sowie die Tunnels sehen. Wir erfahren, dass auf der Strecke Stuttgart-Ulm mit einer Länge von 57 km sich insgesamt 16 Tunnels und Durchlässe befinden, wobei der längste Tunnel, der Fildertunnel, 9.468 Meter lang ist. Die Höchstgeschwindigkeit auf der Gesamtstrecke beträgt max. 250 km/h. Auf der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm – dem zweiten Bestandteil des Projekts Stuttgart - Ulm - befinden sich 12 Tunnels, darunter der Boßlertunnel mit 8.806 Meter Länge. Während sich die Autos am Drackensteiner Hang hochquälen und mancher Fahrer sich über Staus ärgert, fährt hier die Bahn jetzt in gerader Linie schnell durch den Tunnel. Lauter Informationen, die manchen von uns doch etwas zum Staunen bringen. Der uns gezeigte kurze Film mit dem Titel „Die Vision“ vermittelt uns noch viele weitere interessante Informationen über künftige Streckenführungen und vorgesehene Zeiteinsparungen bei der Nutzung der Bahn als Verkehrsmittel bei gleichzeitiger Entlastung von Flug- und Autoverkehr. So können künftig im Hochleistungsbetrieb bis zu 100 Züge im künftigen Hauptbahnhof ankommen, und damit doppelt so viele wie heute.
Wir erfahren dabei auch noch, dass die Schnellfahrverbindung von Stuttgart nach Ulm Teil des Hochgeschwindigkeitsnetzes „Magistrale für Europa“ ist. Ein Begriff, den die meisten von uns auch noch nie gehört hatten.
Bei der Initiative „Magistrale für Europa“ handelt es sich um ein breites Bündnis aus Städten, Regionen und Industrie- und Handelskammern aus Frankreich, Deutschland, Österreich, der Slowakei und Ungarn. Stuttgart, Ulm und Karlsruhe sind Mitglieder dieser Initiative. Dieses Hochgeschwindigkeitsnetz mit seiner 1.500 Kilometer langen Bahnstrecke verbindet die europäischen Metropolen Paris, Straßburg, München und Wien mit Bratislava und Budapest und bildet damit als zentrale West-Ost-Achse ein Rückgrat des gesamteuropäischen Schienennetzes.
An einem anderen Schaubild erhalten wir interessante Informationen zum Europäischen Zugbeeinflussungssystem ETCS (European Train Control System). Unseren Gesichtern ist zu entnehmen, dass uns auch dieser Begriff zunächst nichts sagt, doch unser Guide klärt uns auf: So sollen ab 2025 die Züge des Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehrs im Knoten Stuttgart auf einem mit modernster digitaler Technik ausgerüsteten Netz fahren. Dabei werden laufend über eine verschlüsselte Funkverbindung zwischen Zug und Strecke Daten ausgetauscht. Und Herr Hofmann weist uns auf die im Schaubild erkennbaren gelben Eurobalisen hin. Hierbei handelt es sich um eine Art elektronischer Kilometersteine im Gleis, womit die Züge in regelmäßigen Abständen ihren genauen Standort mitteilen. Mit Weg- und Geschwindigkeitssensoren, darunter Radumdrehungszähler und Radare, misst das Fahrzeug laut dem Hersteller THALES laufend den zurückgelegten Weg und seine Geschwindigkeit.
Im Digitalen Knoten Stuttgart kommt künftig ein weiteres System zum Einsatz, der sogenannte automatisierte Fahrbetrieb im Automatisierungsgrad 2. Wir erfahren, dass dieses System quasi wie eine Art ferngesteuerter Tempomat funktioniert, bei dem die Strecke dem Zug mitteilt, wann er an welchem Ort sein soll. Das Fahrzeuggerät regelt dann das Tempo entsprechend. Während bei Verspätung dann die höchstzulässige Geschwindigkeit gefahren wird, erfolgt bei planmäßigem Betrieb die Geschwindigkeit möglichst energiesparend. Aufbauend auf das o.g. ETCS ermöglicht dieses Verfahren in Verbindung mit digitalen Stellwerken ein weitgehend hochpräzises Fahren, bei dem Verspätungen vermieden und damit der Abstand zwischen zwei Zügen verkürzt werden kann. Die Zugpendler werden dies sicherlich begrüßen. Denn wie wir erfahren, nutzen täglich über 435 000 Fahrgäste an Werktagen die S-Bahnen in der Region Stuttgart.
Auf unserem weiteren Weg zur nächsten Präsentation kamen wir dann wieder an Tafeln mit Jahreszahlen und den dazugehörigen Textpassagen vorbei. Hier erwähnte unser Guide insbesondere das Datum 30. September 2010, der Tag, der als „Schwarzer Donnerstag“ in die Geschichte der Stadt Stuttgart einging. Das Projekt Stuttgart 21 spaltet die Stadt in Befürworter und Gegner. S21-Gegner besetzten damals u.a. Bäume im Stuttgarter Schlosspark, die gefällt werden sollten. Es kam zu einem starken Polizei-Einsatz mit Schlagstöcken, Pfefferspray und Wasserwerfern. Die Folge waren Schwerverletzte, und ein Mann erblindete daraufhin dauerhaft. Vielen von uns sind diese Geschehnisse und Bilder ja noch in Erinnerung.
Dann geht’s für uns weiter in Ebene 2. Hier sticht uns sofort die große Leinwand ins Auge und Herr Hofmann startet den Drohnenflug, eine beeindruckende, raumfüllende Projektion, die uns zeigt, was uns später unten im sog. Trog, in der Baustelle der Schalterhalle, erwartet, beziehungsweise wie diese später nach Fertigstellung aussehen wird.
Link zum ITS - Drohnenflug durch den virtuellen Hauptbahnhof bis zur S-Bahn:
Danach erhalten wir noch einige Informationen, wie es mit dem Gäubahn-Ausbau Nord weitergehen soll. Die Gäubahn ist ein wichtiger Bestandteil des Schienenverkehrsnetzes im Südwesten und führt von Stuttgart über Singen bis zur Schweizer Grenze. Ursprünglich war eine Anbindung der Gäubahn über die S-Bahngleise am Flughafen vorgesehen. Dies hätte aber zur Folge, dass auf der Strecke der vorgesehene Deutschlandtakt nicht gefahren werden könnte. Durch die geplante Neuordnung des Schienenknotens Stuttgart ist vorgesehen, die Gäubahn künftig über den Pfaffensteigtunnel und den Flughafen an den Stuttgarter Tiefbahnhof anzubinden. Dies wird jedoch voraussichtlich erst im Jahre 2032 realisiert werden können. Die Kappung der Gäubahn soll jedoch bereits 2026 erfolgen. Bis zur endgültigen Anbindung wird es deshalb Übergangslösungen geben müssen. Für weitere Informationen zu diesem Thema verweist uns der Guide auf das Internet.
Als nächstes geht es nun auf die Baustelle. Jedoch noch nicht in den Untergrund, sondern wir bleiben ebenerdig und bleiben dann kurz vor dem Gebäude des Carl Zeiss Planetariums stehen. Von dort haben wir über die Baustelle hinaus den Blick zur Staatsgalerie und bekommen neue Informationen von Herrn Hofmann. So erfahren wir, dass im Rahmen des Projekts S21 verschiedene Bahnhöfe und auch Streckenverläufe der Stuttgarter Straßenbahnen umgebaut, bzw. teilweise auch neu eingerichtet werden müssen, um Platz für die neuen Bahntunnel zu schaffen. So erfahren wir, dass hierfür die Haltestelle Staatsgalerie umverlegt und in offener Bauweise als dreigleisiger Tunnel mit gewölbter Deckenschale neu errichtet wurde. Somit wurde aus der einst unterirdischen nun eine lichtdurchflutete Haltestelle. Was jedoch anscheinend nicht ganz so einfach war, weil dieser Neubau sich nun teilweise über einem neuen Fernbahntunnel befindet. Unser Blick fällt während dieser Erklärungen immer wieder auf ein Bauwerk, was lt. Herrn Hofmann wie eine Haifischflosse aussieht. Wir erfahren, dass es sich hierbei um ein sog. „Schwallbauwerk“ handelt, welches mit seinen beiden Luftkanälen, die hinab in den Tiefbahnhof führen, der Entlüftung, bzw. im Brandfall der aktiven Belüftung der Bahnsteighalle dient. Unter anderem dient es jedoch auch der Vermeidung des „Tunnelknall-Effekts“ (Sonic Boom). Bei all diesen Ausführungen wird uns erneut bewusst, wie komplex doch dieses gesamte Bauvorhaben ist.
Dies wurde uns auch dann noch einmal deutlich, als wir an einem Förderband vorbeikamen und wir erfahren, dass beim Projekt S21 rund 20 Millionen Tonnen Abraum anfallen, die sortiert und kategorisiert, und anschließend natürlich auch abtransportiert werden müssen. Ziel ist dabei, einen optimalen und wirtschaftlichen Bauablauf sicherzustellen, Lärm- und Staubemissionen gering zu halten und auch die Beeinträchtigung des öffentlichen Straßenverkehrs auf das Notwendigste zu beschränken. Dies wird durch ein Gesamtkonzept der Baulogistik sichergestellt. So werden bspw. gelbe Wechselcontainer benutzt, die sowohl auf Zug und Lkw aufgesetzt werden können Der Erdaushub wird per Schüttgut-Lkw über das Baustraßensystem, welches sich überwiegend auf bahneigenen Flächen befindet, zu den Sammelstellen am Nordbahnhof transportiert und abgekippt. Der Abtransport des Aushubs von den Logistikflächen wird dann nahezu ausschließlich über die Schiene abgewickelt. Durch den Einsatz der Wechselcontainer reduziert sich das ständige Umladen und die LKWs müssen keine langen Strecken fahren. Wie Herr Hofmann mit Stolz erzählt, spart dies natürlich Zeit und auch CO2. Nach seiner Aussage kompensiert eine Zugfahrt rund 40 LKW-Fahrten, wodurch 76 Prozent CO2e eingespart werden. Soviel zum Thema Umweltbelange.
Etwas später stehen wir dann am Bahnsteig 3 mit 10 Meter Breite. Vorne sehen wir bereits die bis dahin verlegten Gleise. Die Bahnsteige haben eine Länge von 400 Meter. In diesem Zusammenhang kommt der Guide noch einmal auf das von ihm bereits im Turm genannte europäische Zugbeeinflussungssystem ETCS zu sprechen. Dadurch ist es möglich, dass zwei Züge auf dem Gleis einfahren können, die dann auch automatisch gestoppt werden. Anhand von verschiedenen Szenarien zeigt er dann weiter auf, wie die verschiedenen Züge dann durch die verschiedenen Tunnels weiterfahren werden. Dabei lenkt er unseren Blick dann noch auf die Brillenwand, wo Bahntunnel und die Bahnhofshalle zusammentreffen. Einige Zeit später fällt dann auch noch der Begriff „Kartoffel“, der laut unserem Guide inzwischen auch von den Bauarbeitern für den Personentunnel übernommen wurde, weil dieser in seiner Form eben jener Knolle ähnelt. Dieser Personentunnel ermöglicht es, später von jedem der vier Bahnsteige über Rolltreppen und normale Treppen zur S-Bahn zu gelangen. Die ungleich gewölbten Wände des Tunnels sind der Grund für den Spitznamen „Kartoffel“, der laut Herrn Hofmann dann sogar in den Planfeststellungsunterlagen ganz offiziell so übernommen wurde.
Als wir wenig später dann in der Bahnsteighalle stehen und etliche der neuen Kelchstützen sehen, wird uns deutlich, was die Stuttgarter Stadtdirektorin, Frau Andrea Klett-Eininger, mit ihrem Ausspruch: „Eine unglaubliche Architektur, die fast schon kathedralen Charakter hat“, meinte. Insgesamt sind es 28 Kelchstützen, und jede ein Unikat, einzigartig in Form und Höhe, die das künftige Dach des Bahnhofs bilden. Sie wurden jeweils in 3 Abschnitten gefertigt: zuerst der 7 Meter hohe Kelchfuß, dann der über 6 Meter hohe Kelch und zum Schluss wurde dann die Hutze mit der Öffnung für das spätere Lichtauge auf der Kelchschale mit einem eigens von der Firma ZÜBLIN entwickelten Weißbeton betoniert. Diese Kelchstützen sind das architektonische Highlight des neuen Hauptbahnhofs. Durch ihre sich nach oben öffnende Form leiten sie das Tageslicht direkt von außen in die Bahnsteighalle. Es war zu erkennen, dass dieser Anblick uns alle doch sehr fasziniert hat und es wurden viele Fotos geschossen.
Am Bahnsteig 2 zeigt uns Herr Hofmann dann noch auf, dass die Reisenden künftig auf kurzen und barrierefreien Wegen entweder ebenerdig oder auch über gläserne Aufzüge zu einem der Verteilerstege kommen, die über den Bahnsteigen liegen. Auch gibt es von jedem Bahnsteig aus einen direkten Zugang zur S-Bahn.
Herr Hofmann weist uns noch auf Kelch Nr. 24 hin, der im Gegensatz zu den anderen Lichtaugen um 180 Grad gedreht ist und in der Mitte eine Aussparung aufweist, wo dann ein Aufzug reinkommt. Auf unserem Rückweg zum Turm erhalten wir noch Informationen zur Galerie-Ebene, die mit 11-13 Metern Breite, Sitzgelegenheiten, freien Wlan-Zugang und Verglasung eine Ruhezone für Reisende bietet.
Auch das Thema Kostenentwicklung wird von Herrn Hofmann noch thematisiert. Hier gab es ja in der Presse und in vielen anderen Medien schon sehr viele Berichte dazu, die sicherlich vielen von uns bekannt sind. Auf jeden Fall steht fest, dass die Kosten für dieses immense Bauprojekt ständig weiter gestiegen sind. Als letzte Zahl hatte der SWR von inzwischen 11 Milliarden Euro berichtet. Nun streiten sich vor Gericht die Projektpartner darum, wer für die Mehrkosten aufkommen muss. Unter diesem Hintergrund bleiben sicherlich die unterschiedlichen Meinungen über die Notwendigkeit dieses komplexen Bauvorhabens weiterhin bestehen und bieten weiterhin noch viel Diskussionsstoff. Doch wie sagte schon der französische Autor und Theoretiker des Industrialismus, Henri de Saint-Simon, einmal etwas ketzerisch: „Ein Projekt darf nie kürzer und günstiger als geplant sein.“ Keine Diskussion gab es jedoch unter uns, denn Einigkeit herrschte in unserer Gruppe darüber, dass wir mit Herrn Hofmann einen sehr kompetenten Führer hatten, der uns seine Ausführungen in sehr verständlicher und auch lockerer Form darbrachte. Ein kräftiger Applaus am Ende der Führung war denn auch unser herzlicher Dank an ihn.
Dann hieß es für uns wieder Schutzkleidung, Ohrhörer, Helm und Stiefel abzugeben. Jeder von uns erhielt dann noch eine große Papiertüte mit Informationsmaterial, so dass wir das Eine oder Andere auch nochmal in Ruhe nachlesen können. Und bei Interesse hat ja der InfoTurmStuttgart auch weiterhin geöffnet und auch auf der Homepage https://www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de/aktuell gibt es sehr viele weitere, interessante Informationen. Doch wir wollten nun alle möglichst zügig wieder nach Hause, denn wenn wir ehrlich sind, waren wir ob der vielen Informationen doch „etwas platt“. Aber unabhängig davon war dieses Event unseres ASP-Teams wieder ein echtes Highlight. Daher gilt unseren beiden Kolleginnen, Sonja Ehnle und Herta Stahl, ein ganz großes Kompliment und ein herzliches Dankeschön für die Organisation und perfekte Durchführung dieser Veranstaltung. Und nachdem wir heute soviel über das Zugfahren in der Zukunft gehört haben, will ich meinen Bericht nicht schließen ohne deutlich zu machen: Mit unserem ASP fährst Du auch in Zukunft gut!
Horst Neidhart
Fotos: Petra Benub, Horst Neidhart, Rolf Omasreither
Gestaltung: Rolf Omasreither

Tolles Wetter, tolle Stimmung, tolle Tour…
…so könnte man das ganze Erlebnis auf dieser schönen Wandertour im Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald zusammenfassen. Aber lassen Sie mich doch lieber etwas mehr davon berichten:
Am Dienstag, den 11. Juni 2024, trafen sich 21 ehemalige Kolleginnen und Kollegen am Parkplatz der Burg Hohenbeilstein. Doch heute war kein Besuch bei der dortigen Falknerei angesagt, sondern es war der Startpunkt zu einer tollen Wandertour mit unseren beiden Kollegen, Uli Bertsch und Axel Fink, die dieses Event unseres ASP organisiert hatten und uns heute als Wanderführer dienten.
Wie immer große Wiedersehensfreude aller Ehemaligen und auch schon große Neugierde, was wir heute alles miteinander erleben würden. Die Wanderschuhe waren alle geschnürt, der Blick zum Himmel verhieß nur Gutes, ein super Wanderwetter. Und so ging’s dann kurz nach 9.40 Uhr gleich mit flottem Schritt los in Richtung Annasee. Schon nach wenigen Schritten konnten wir feststellen, welch gute Sicht heute herrschte. So schweifte der Blick weit über das Bottwartal bis hin zum Wunnenstein. Und Axel Fink zeigte uns kurz danach auch gleich, wohin später noch unser Weg führen sollte. Denn in einiger Entfernung war die Ruine Helfenberg bereits zu sehen. Und auch Burg Lichtenberg sowie das Weingut Amalienhof konnten wir von unserem Weg, der uns zwischen den Weinbergen hindurchführte, aus erkennen. Ja, es war schon toll, dass uns sowohl Axel Fink wie auch Uli Bertsch immer wieder auf die Besonderheiten dieser schönen Landschaft hinwiesen.
Bald erreichten wir den Beilsteiner Stadtwald, und nach rund einer Stunde Wanderung hatten wir den idyllisch gelegenen, ca. 1,0 ha großen Annasee erreicht.
Eingebettet inmitten herrlicher Natur ist er Anziehungspunkt für vorbeikommende Wanderer und Radfahrer, welche durch Bänke und Feuerstellen zum Verweilen eingeladen werden. Und auch wir verweilen kurz und genießen den Anblick dieses schönen, idyllisch gelegenen Sees, der unter Naturschutz steht. Der See wird insbesondere von der etwas höher liegenden Waldkuppe Tautzenbühl gespeist sowie zusätzlich durch den wasserundurchlässigen Lettenboden angestaut.
Nach kurzer Trinkpause geht es dann für uns wieder weiter. Unser nächstes Ziel ist die rund 2 Kilometer entfernte Burg Wildeck, inmitten von Weinhängen.
Die Anlage aus dem 13. Jahrhundert beherbergt heute eine Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau. Das Versuchsgut hatte bedeutenden Anteil an der Entwicklung der Rebsorten Samtrot und Dornfelder. Heute wird auf der Fläche aber auch Samtrot, Spätburgunder, Müller-Thurgau, Weiß- und Grauburgunder angebaut. Wir genießen jetzt hier jedoch keinen dieser Weine, sondern erfreuen uns stattdessen an der tollen Aussicht. So sehen wir neben Abstatt mit seinen Ortsteilen rüber bis nach Beilstein, Ilsfeld, Auenstein und Helfenberg.
Unser nächstes Ziel ist nun die Burgruine Helfenberg in etwa 1 Kilometer Entfernung.
Und wieder geht’s flotten Schrittes weiter. Trotz aller Plaudereien unterwegs erfreuen wir uns aber auch immer wieder an dem Anblick von blühenden Grashängen entlang des Weges. Es dauert nicht lange, und wir treten durch das Portal mit dem Gaisberg-Wappen in die Ruine.
Die Burg wurde einstens in der Zeit der Staufer um 1250 erbaut. Der heute noch erhaltene Gebäuderest stammt von dem früher an die Schildmauer gebauten Wohnturm. Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Burg zerstört, später dann wiederhergestellt, bevor sie letztlich jedoch teilweise wieder abgerissen wurde. Als wir im Inneren dieses ehemaligen Wohnturms stehen, sind wir von dem imposanten Bauwerk doch sehr beeindruckt und lauschen aufmerksam den Ausführungen von Uli Bertsch. Dann verlassen wir diese eindrucksvolle Ruine wieder, diesmal jedoch über eine Steintreppe. Für einige unter uns war der erste Stufenabsatz jedoch eine kleine Herausforderung, die wir aber alle mit Bravour meisterten.
Nun ging es weiter nach Auenstein zum Landgasthof Krone, wo wir das Mittagessen einnehmen wollten. Und immer wieder erfreuten wir uns an dem herrlichen Ausblick über die schöne Landschaft. Nach etwa einer ¾ Stunde hatten wir Auenstein erreicht und wunderten uns über die vielen Schweizer Fahnen, die an den verschiedensten Stellen in der Gemeinde wehten. Auf Nachfrage erfahren wir, dass der örtliche Musikverein Auenstein am Wochenende mit einem Musikfest sein 100-jähriges Bestehen feierte und dazu seinen Partnerverein, die Musikgesellschaft Auenstein in der Schweiz, eingeladen hatte.
Schnell hatten wir im Gasthof Krone unsere Plätze eingenommen und einen Blick auf die Speisekarte geworfen. „Was ess‘ I denn?“ war da öfters mal an den Tischen zu hören, denn das Angebot war sehr reichhaltig. Doch dann ging alles zügig. Essen und Getränke waren rasch bestellt, und damit wieder Gelegenheit für eine ausgiebige Unterhaltung an den Tischen. Um es kurz zu machen: Das Essen hat uns allen sehr gut geschmeckt und wir waren bereit zum letzten Teil unserer Wanderung. Denn es lag ja noch ein Stück Weg vor uns. Doch dies konnte uns nicht schrecken, und so legten wir erneut mit flottem Schritt wieder los in Richtung Beilstein.
Aus der Ferne grüßte noch einmal die Ruine Helfenberg und nach etwa einer ¾ Stunde hatten wir den Ortseingang von Beilstein erreicht und waren uns sicher, dass dieses große Willkommensschild extra für uns angebracht wurde. Und etwas oberhalb sahen wir auch schon einen der Türme der Burg Hohenbeilstein. An der St. Anna-Kirche am Ortseingang machten wir einen kurzen Halt. Wir erfuhren, dass uns nun in Kürze noch ein steiler Aufstieg zur Burg erwartet, bevor wir dann wieder oben am Parkplatz ankommen. Aber dies konnte uns nicht schrecken, denn wir waren ja alle noch gut drauf, und so ging es guten Mutes wieder zügig weiter. Der Weg führte uns nun am Weingut St. Annagarten vorbei, um bald darauf bezüglich der folgenden steilen Treppenstufen doch noch unsere Kondition noch einmal zu testen. Aber auch dieses Wegstück meisterten wir alle mit Bravour und standen kurz darauf am Ausgangspunkt unserer Tour.
Noch schnell ein Gruppenfoto und einen herzlichen Dank an Uli Bertsch und Axel Fink für die Organisation und Durchführung dieser wirklich sehr schönen und abwechslungsreichen Wanderung mit ihren vielen Höhepunkten dieser reizvollen Landschaft. Es hat uns allen sehr gut gefallen und wir hatten auch sehr viel Spaß dabei. Viele der schönen Bilder werden sicher noch lange in unserer Erinnerung bleiben. Dann jedoch hieß es Abschied nehmen, aber bestimmt sehen wir uns ja bei einer der nächsten Veranstaltungen unseres ASP bald wieder. Denn Sie wissen es ja und erleben es ja auch immer wieder:
„Einmal ASP – immer ASP. Denn mit unserm ASP isch’s oifach schee!“
Horst Neidhart
Fotos: Sonja Ehnle, Horst Neidhart
Bildbearbeitung und Gestaltung: Rolf Omasreither

Spargelbesen und Kultur
„Eine Tour, bei der Kultur, Geschichte und Genuss auf magische Weise miteinander verschmelzen“, so die Ankündigung für eine neue Veranstaltung unseres ASP-Teams. 34 ehemalige Kolleginnen und Kollegen trafen sich dazu am Dienstag, den 7. Mai 2024, am ZOB in Brackenheim. Dort wurden wir bereits von der Kollegin Regine Jung erwartet, die dieses tolle Event für uns organisiert hatte, und die uns nun alle herzlich begrüßte.
Wie immer große Freude über das Wiedersehen und große Neugierde, was uns da heute wohl geboten würde. Kurz darauf gesellten sich drei weitere Damen zu uns, von denen eine gleich das Wort ergriff und sich und die beiden anderen Damen vorstellte: Regine Sommerfeld und ihre Tochter Ellen Sommerfeld waren unsere beiden Führerinnen, die uns zum Weinkulturspaziergang „Heuss’liche Kellerkinder“ einluden, an dem auch Frau Alexandra Hornberger von der Tourist-Information gerne teilnehmen wollte.
„Mir nach!“, so der Aufruf von Regine Sommerfeld, dem wir gerne folgten. Vom ZOB ging es zunächst durch eine Unterführung, die teilweise künstlerische Elemente aufwies, in die Kleintorgasse und den unteren Teil der Stadt Brackenheim. „Wir sind gerade durch eines unserer Stadttore gelaufen“, so der Kommentar unserer Führerin. Und sie fuhr fort: „Wenn Sie es jedoch nicht bemerkt haben, ist es auch nicht schlimm, denn das Tor gibt es nämlich gar nicht mehr!“ – Diese Ansprache zeigte uns bereits, dass wir eine durchaus witzige Führung erwarten durften, was sich denn im weiteren Verlauf so auch immer wieder zeigte.
Wir erfuhren, dass Brackenheim in der zweiten Hälfte des 13. Jh. mit einer annähernd rechteckig geführten Stadtmauer umgeben wurde. Diese umschloss die ganze Stadt mit ihren engen Gassen und Winkeln. Bis 1830 stand die Mauer, dann hat man gemerkt, die Stadt hat keinen Platz mehr. Daher begann man, die Mauer wieder abzutragen und die Steine anderweitig wiederzuverwenden.
Kurz darauf standen wir im Handwerker-Viertel, im tiefsten Teil der Stadt. Die Häuser waren laut Führerin relativ klein und gedrungen. Teilweise wurde die Stadtmauer als Rückwand genutzt. Die Häuser waren alle nicht unterkellert, im Gegensatz zu den Häusern der Obrigkeit im oberen Teil der Stadt. Diese hatten alle große Lagerkeller für Wein, im größten konnten 212.000 Liter Wein gelagert werden. „Für uns täte das dann gerade über den Winter reichen“, so Frau Sommerfeld, die uns damit natürlich zum Lachen brachte.
Doch dann ging es wieder ernst weiter, das Thema Fachwerk stand an. Dabei hörten viele von uns sicherlich erstmals die Begriffe „Flößeraugen“ und „Wiedlöcher“. Dort wo wir standen, am Haus von Willy Neumeister mit der Hausnummer 4, konnten wir erkennen, worum es ging. Da den damaligen Bewohnern das Holz in den eigenen Wäldern zu kostbar war, ging man dazu über, Holz über Nagold, Enz und Neckar hierher zu flößen. Die Stämme wurden Im Schwarzwald geschlagen und zu Flößen zusammengebaut Dazu hat man in die Balken Löcher gebohrt und so die Stämme zusammengesteckt und mit Weide verbunden. Deshalb nannte man diese Löcher Flößeraugen oder Wiedlöcher (Wied von Weide). Diese Flößeraugen sieht man hier immer wieder.
Nach so vielen interessanten Erklärungen kam nun für uns ein Moment der Besinnung: wir durften in die Evangelische Stadtkirche St. Jakobus eintreten. Sie gilt als Wahrzeichen der Stadt. Noch heute lassen sich Elemente der Gründungszeit um 1300 erkennen, etwa gotische Fresken an der Nordwand (z. B. Heilige Drei Könige) und in einer reich verzierten gotischen Nische ein Heiliges Grab. Bedeutend ist das überlebensgroße Kruzifix, das wohl aus der Schule Hans Seyffers (Altar der Kilianskirche Heilbronn) hervorging. Die hölzerne Kanzel im Spätrenaissancestil mit Bildern der Evangelisten und Propheten wurde 1617 zur 100jährigen Reformationsfeier geschaffen. Zwei große geschnitzte Tafeln - mit zwölf Passionsszenen und Apostelfiguren bemalt - stammen aus dem 17. Jahrhundert. Die Orgel stammt von 1716 und kommt aus Heilbronn von der Werkstatt Schaal. Allerdings ist nur noch ein kleiner Teil original, da im Lauf der Jahrhunderte immer wieder zu- und angebaut wurde. Eine 1964 durchgeführte Renovierung gab der Kirche ihr heutiges Aussehen. In diese Kirche wurde auch der kleine Theodor Heuss mitgenommen, der sich auch später immer noch an das Lob für sein andächtiges Stillsitzen erinnert.
Und dann gab es in der Kirche noch einen Höhepunkt extra für uns: Die Organistin spielte für uns das Lied „Nun danket alle Gott…“, und die meisten von uns sangen andächtig mit. Mit vielen Eindrücken versehen, verließen wir dann wieder die Kirche und standen nach wenigen Schritten vor dem neuen Rathaus. Hier sollten wir jetzt das erste Kind der „Heuss’lichen Kellerkinder“ kennenlernen. Des Rätsels-Auflösung: bei den „Kellerkindern“ handelte es sich um 3 verschiedene Weine, die wir im Laufe des Vormittages an verschiedenen Stationen verkosten durften.
Hier am neuen Rathaus war also die 1. Station. Der Ehemann von Regine Sommerfeld, Herr Jürgen Sommerfeld, hatte bereits alle Vorkehrungen für die erste Weinverkostung getroffen. Jeder durfte sich ein Glas nehmen und bekam einen „Rivaner trocken (Müller-Thurgau) – Mann im Fass – Stromberg-Zabergäu“ eingeschenkt. Ein Wein mit einem charakteristischen Bouquet aus Frucht- und Muskatanklängen. Ein Wein, mit einer jugendlichen Frische, passend zur Jahreszeit und damit auch zu Spargelgerichten. Der Name dieser Weinserie „Mann im Fass“ entspricht im Übrigen der gleichnamigen Bronzefigur des Künstlers Hermann Koziol, die in Haberschlacht vor der traditionellen Kelter steht und seit Jahren dort die Weinfreunde begrüßt. Was immer dieser Mann im Fass auch gerade tun mag, es wird ein Geheimnis bleiben. Er selbst gibt keine Antwort und starrt nur ins Leere. Selbst wenn man vorsichtig von oben oder von unten in das Fass hineinblickt, wird man nichts erkennen, denn Mann und Fass sind eins, im wahrsten Sinne des Wortes aus einem Guss, aus Bronze. So wird es weiterhin ein Rätsel bleiben so wie die Frage, was trägt der Schotte unterm Rock?
Noch ein Wort zu Brackenheim: Die Stadt mit ihren 7 Stadtteilen liegt ja mitten im Zabergäu, und damit mitten in einer rebenreichen Region zwischen Stromberg und Heuchelberg. Die Stadt hat rund 17.000 Einwohner und ist mit 840 ha Rebfläche die größte Weinbaugemeinde Württembergs.
Nachdem wir nun das erste von den 3 “Heuss’lichen Kellerkindern“ näher kennenlernen durften, war der Zeitpunkt gekommen, auch etwas über Theodor Heuss selbst zu erfahren. Diesen Part übernahm nun die Tochter, Ellen Sommerfeld. Als Theodor Heuss am 31. Januar 1884 in Brackenheim – damals eine 1.500 Ew große Seelengemeinde ohne jegliche Industrie und Infrastruktur - als jüngster von drei Söhnen des Straßenbaumeisters Louis Heuss und seiner Ehefrau Elisabeth geboren wurde, konnte keiner voraussagen, dass er später einmal Präsident unseres Landes werden würde. Hier in Brackenheim verbringt er seine ersten 6 Lebensjahre. Die Familie bewohnte damals den ersten Stock des sog. „Meehschen Hauses“ in unmittelbarer Nähe des Brackenheimer Schlosses. In seinem Buch „Vorspiele des Lebens“ beschreibt Heuss das Schloss als einen etwas klobigen Renaissancebau, aber auch als eine wunderbare Nachbarschaft, in dem Spielgefährten wohnten. Und er berichtet von einem Garten, durch den die Zaber floss, und wo es auch einen kleinen Badeplatz gab.
Und wir erfahren von Ellen Sommerfeld, dass Heuss bereits mit 5 Jahren sein erstes Geld mit Hopfenzupfen verdiente. Für das Simeri (altes Hohlmaß für Frucht, entsprach etwa 22,153 Liter) bekam man 6 Pfennige, für drei Simeri 18 Pfennige. Wie Heuss später schreibt, wanderten diese anschließend zu Bossaller, wo es Zuckerzeug zu kaufen gab. Schmunzeln rief bei uns dann hervor, als uns Ellen Sommerfeld noch berichtete, dass Heuss den klangvollen Namen „Bossaller“ für eine Berufsbezeichnung hielt und auf die Frage, was er mal werden wolle, antwortete: „Bossaller“.
Als Theodor Heuss 6 Jahre alt war, zog die Familie nach Heilbronn um. Dort ging Heuss dann in die Schule. Anscheinend war er ein sehr guter Schüler, der aber wohl die Schule nie wirklich ernst genommen hatte und sogar zweimal in den Karzer einsitzen musste. Einmal, weil er einem Mitschüler eine Ohrfeige verpasst hatte, und das andere Mal, weil er einem Polizeiwachtmeister vorgeschlagen hatte, dieser möge sich doch sein Schulgeld wieder auszahlen lassen. Und wieder ein Schmunzeln in den Gesichtern unserer Gruppe.
Heuss machte als Drittbester seiner Klasse das Abitur. Bei der Abschlussfahrt, stürzte Heuss so unglücklich, dass er sich eine Schulterluxation, eine Ausrenkung des Schultergelenkes, zuzog. Anmerkung: Bei unserem Ausflug mit dem ASP nach Gundelsheim am 7.10.2022 kamen wir an der Unglücksstelle von damals zu Füßen des Gundelsheimer Himmelreichs vorbei, wo er nach eigener Aussage „voll heiteren Übermuts“ gestürzt sei.
Zum Studium ging Heuss dann nach München. Dort studierte er Nationalökonomie, Staatslehre, Philosophie, Historie, Kunstgeschichte und Literatur. 1905 schließt er als 21-Jähriger sein Studium mit der Promotion „Weinbau und Weingärtnerstand in Heilbronn am Neckar“ ab. Er war damals der Jüngste, den die Fakultät mit einem Doktortitel hervorgebracht hatte. Viele Details seiner Doktorarbeit zeigen deutlich, wie eng sich Heuss mit dem Stand der Wengerter verbunden fühlte. Als letzten Satz seiner Doktorarbeit schreibt er: „Der beste Schutz des einheimischen Weinbaus liegt bei einem zahlreichen und kaufkräftigen Konsumentenstand.“ Ein herzliches „zum Wohl!“ beendete diesen Abschnitt bezüglich Heuss.
Jetzt übernahm Regine Sommerfeld wieder das Zepter und informierte uns über den Neubau des Rathauses, vor dem wir standen. Dieser hat 6,1 Mio € gekostet und wurde 2011 eingeweiht. Durch seine geschlämmte Fassade fügt er sich gut in die Altstadt ein. Alt- und Neubau stehen sich vis-á-vis gegenüber. Rechts die prachtvoll verzierte Barockfassade und links ein auf seine Grundformen reduzierter Neubau. Ein verglaster Zwischenbau, in dem sich die gegenüberliegenden Giebelhäuser spiegeln, verbindet beide Gebäude.
Ab hier teilten wir uns in zwei Gruppen auf. Ich blieb bei der Gruppe mit Regine Sommerfeld. Bereits nach wenigen Schritten gab es Ausführungen zur Stadtsanierung und zum früheren Bürgermeister, Herrn Rolf Kieser, der von 1988-2020 im Amt war. Durch sein geschicktes Wirken hat sich in der Stadt sehr viel verändert. Als Beispiel zeigt sie auf die Alte Schule und betont, dass es viele weitere prächtig restaurierte Fachwerkhäuser in der Stadt gibt. Einige davon würden wir ja noch sehen. Die alte Schule wurde 1608-1610 durch Baumeister Hans Reiss errichtet und diente als Schule bis 1896.
Dann werden wir auf eine Besonderheit dieses Hauses mit dem prächtigen Fachwerk hingewiesen. Wir erfahren, dass diese Fachwerkhäuser quasi beim Zimmermann auf dessen Hof entstanden sind. Dort wurde Etage für Etage des Fachwerks vorbereitet und komplett zusammengebaut, dann jedoch wieder auseinandergenommen, um letztlich danach am Bauwerk wieder Etage für Etage aufgebaut und verbunden zu werden. Damit dies dann aber auch immer in der richtigen Reihenfolge passiert, wurden die Balken mit römischen Ziffern nummeriert, und zwar immer zur Straßenseite hin. Das einzige Haus, wo man dies noch richtig sehen kann, ist der Anbau hier an der alten Schule. Bei genauem Hinsehen kann man hier die originalen Nummerierungen noch erkennen. Es folgten kurze Hinweise auf das Neue Bad, welches von 1400 bis 1530 zunächst ein Beginenhaus war. Das Haus wurde nach 1576 als städtisches Bad genutzt und diente nach dem Stadtbrand von 1691 bis 1776 als provisorisches Rathaus.
Nun gab’s „Denkanstöße mit Theodor Heuss“. 15 Stelen in der Altstadt und den weiteren Stadtteilen transportieren jeweils einen Gedanken, ein Zitat, von Theodor Heuss. Sie wurden anlässlich des 130. Geburtstages von Heuss an gut frequentierten Standorten aufgestellt und beschäftigen sich mit den Themen Demokratie und Freiheit. Sie sollen die Vorübergehenden dazu einladen, zum Selbst- und Weiterdenken ob der angebrachten Zitate. Der damalige Bürgermeister, Herr Kieser, hat sich insbesondere eine Stele mit diesem Zitat gewünscht: „Und was heißt Demokratie als Lebensform? Doch nur dies: dem Menschen, gleichviel wer er sei und woher er käme, als Mensch zu begegnen.” Eine Aussage und eine Erkenntnis, die bis heute nichts an ihrer Aktualität eingebüßt hat.
Jetzt gibt es ein „ganz heißes“ Thema, denn Frau Sommerfeld berichtet nun von dem großen Stadtbrand im Jahre 1691. Am 22. Mai 1691 brach in der Wirtschaft zur Krone (übrigens heute die Kreissparkasse) nachts um 23.30 Uhr ein großer Brand aus, vermutlich durch die Fahrlässigkeit der Kronenwirtin. Dabei wurden mehr als 100 Gebäude, Wohnhäuser, Keltern, Scheunen und Stallungen sowie 3 Türme zerstört. Nur die Kirche hat als einziges Gebäude im Brandgebiet den Großbrand nahezu unbeschadet überstanden Aus nie geklärter Ursache gab der Röhrenbrunnen neben der Krone damals kein Wasser, was die Löscharbeiten massiv beeinträchtigte. Die Kronenwirtin geriet rasch ins Zwielicht, denn sie soll wohl sehr lebenslustig und dem Alkohol selbst nicht abgeneigt gewesen sein.
Dann Informationen zum Rathaus, welches in den Jahren 1774 – 76 erbaut und 1954 umfassend renoviert wurde. Es ist ein spätbarockes, zweistöckiges Gebäude mit Mansarddach. Wir erfahren, dass es unten damals keine Fenster hatte, sondern offene Arkaden, wo die Bäcker und Metzger ihre Waren verkaufen durften. Und wir werden auf das Stadtwappen von Brackenheim über der Eingangstüre hingewiesen: in Rot eine stehende silberne Bracke mit schwarzem Halsband und silbernem Leitring. Die Stadtfarben sind Weiß-Rot. Bracke, ein Spür- und Jagdhund. Über dem Eingang der Balkon und nochmals die Bracke. Darüber dann ein Dreiecksgiebel mit dem damaligen württ. Wappen und zwei Figuren, die für Friede und Gerechtigkeit stehen: links die Justitia mit verbundenen Augen, dem Schwert der Gerechtigkeit und der Waage. Die zweite Figur rechts mit einem gestürzten Füllhorn voller Früchte und einem Palmwedel als Symbol des Friedens.
Dann waren wir bei der Heuss-Statue angekommen. Hier gab’s das nächste „Kellerkind“: einen Trollinger-Weißherbst aus der terrassierten Steillage, wieder von der WG Zabergäu. Der Trollinger -Weißherbst besticht durch seine filigrane Nase. Im Duft und Geschmack erinnert er an Himbeeren. Schön gekühlt legt er eine unglaubliche Spritzigkeit und Frische an den Tag. Ein Geschmackserlebnis, auch zu leichten Sommergerichten. Doch jetzt zur Heuss-Statue: Diese wurde von Professor Karl-Henning Seemann geschaffen zum 125. Geburtstag von Theodor Heuss, am 31. Januar 2009. Bewusst wurde auf einen Sockel verzichtet, um die Möglichkeit zur direkten Begegnung zu geben. Die Statue steht gegenüber dem Heuss-Museum in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schloss und zum ehemaligen Geburtshaus von Heuss. Als Heuss erfuhr, dass sein Geburtshaus 1950 abgerissen werden sollte, um einer neuen Kelter der Weingärtner-genossenschaft Platz zu machen, sagte er: „Reißt das alte Haus nur ab; eine Stätte zur Pflege des guten Brackenheimer Weines scheint mir viel wichtiger zu sein als romantischer Ruhm auf Vorrat.“
Weiter ging es mit Ausführungen zum Schloss, wo die Sanierungsarbeiten gerade in vollem Gange sind. Künftig wird dort die Ausstellung „Deutsche Weinwelt“ ihren Platz haben. Außerdem werden Tagungsräume, Gastronomie und ein Hotel integriert. Wir erfahren noch, dass alle drei Flügel unterkellert sind und damit eine Lagermöglichkeit für 600.000 Liter Wein haben. Die Regine Sommerfeld in die schwäbische Trinkeinheit umrechnete, also 2,4 Millionen Viertele.
Neben dem Theodor-Heuss-Museum wird gerade die Tourist-Information gebaut. Der Platz wo wir jetzt stehen, soll eine höhere Aufenthaltsqualität erhalten mit viel Grün, vielen Bäumen, Sitzplätzen und Springbrunnen. Doch bei uns plätschert noch einmal der Trollinger-Weißherbst, bevor wir weitere interessante Informationen zu Theodor Heuss erhalten. Dieser ging nach dem Studium nach Berlin. Dort hat er eine Anstellung als Redakteur bei der Zeitschrift „Die Hilfe“, Herausgeber Friedrich Naumann. Dieser ist auch sein Mentor und entwickelt sich zu einem guten Freund. Im Haus von Naumann lernt Heuss seine zukünftige Frau, Elly Knapp, kennen. Die Elly kommt aus Straßburg aus einem Professoren-Haushalt. Gesellschaftlich damit deutlich über Heuss stehend und auch ein paar Jahre älter. Sie werden dann 1908 von Albert Schweitzer in Straßburg getraut, mit dem Elly Knapp befreundet war. Ein Sohn, Ernst Ludwig, wird geboren. Die junge Familie zieht dann nach Heilbronn und wohnt dort von 1912-1918. In Heilbronn wird Heuss Chefredakteur der liberal orientierten Neckarzeitung. Beim Abschied von Berlin verspricht Heuss Naumann, dass er das verlorengegangene Mandat für den Reichstag wieder zurückerobern würde für die Demokratische Partei Deutschlands, was er dann auch im zweiten Anlauf schafft und seit Mai 1924 wieder Abgeordneter im Deutschen Reichstag für die Deutsche Demokratische Partei ist. Die Familie zieht dann wieder nach Berlin
Als die Nationalsozialisten an der Macht waren, verliert Heuss seine sämtlichen Ämter und damit auch seine Einnahmequellen. Er darf nicht mehr öffentlich auftreten, aber er schreibt nach wie vor Kurzgeschichten und Kurzbiographien und kleine unpolitische Essays, jedoch unter dem Pseudonym „Thomas Brackheim“. Dann ereilt ihn allerdings endgültig das Schreibverbot. Elly Heuss-Knapp wird dadurch als begabte und gefragte Werbetexterin die alleinige Ernährerin der Familie. 1943 zieht die Familie von Berlin nach Heidelberg- Handschuhsheim, wo sie einige Jahre bei Ellys Schwester wohnen.
Jetzt gehen wir den „Berg“ wieder runter. Lebhafte Unterhaltung innerhalb der Gruppe über das Gehörte. Dann sehen wir einen Brunnen, und daneben Herrn Sommerfeld mit dem dritten „Kellerkind“. Wie passend doch das Schild am Brunnen: „Kein Trinkwasser!“. Jetzt wird wieder vorgelesen (weil’s eifach so schee isch!“). In Handschuhsheim wurde Heuss im Sommer 1945 immer wieder von verschiedenen deutschsprechenden amerikanischen Offizieren aufgesucht, die sich mit ihm wegen der kommenden Kabinettsbildung unterhalten wollten. Heuss gab ihnen Ratschläge oder empfahl ihnen diesen oder jenen Mann, ohne dabei an sich selbst zu denken. Möglicherweise veranlasste gerade dies die Amerikaner, sich auch mit ihm selbst zu befassen. An einem Vormittag erschien bei Heuss ein amerikanischer Offizier, der ihn ohne Umschweife aufforderte, das Württembergische Kultministerium zu übernehmen. Die Situation war etwas eigenartig, denn Heuss war gerade dabei, mit einem Batscher die Teppiche, die über einer Stange hingen, zu klopfen. Er überlegte, machte noch ein paar kurze Schläge und meinte: „Doch, I komm, aber nur, wenn Ihr mir ein Dienstmädle besorget.“
Wir empfinden es einfach toll, dass uns die Informationen immer wieder in so humorvoller Weise vermittelt werden. Und wie sagte Regine Sommerfeld jetzt zu uns: „Man kann nicht in Brackenheim gewesen sein, und schon gar nicht bei mir bei einer Weinprobe, ohne dass man Lemberger serviert hat!“. Daher im Glas jetzt ein Lemberger Kabinett vom Brackenheimer Zweifelberg oben mit dem Schloss-Etikett. Ein vollmundiger Rotwein mit einem ausdrucks-vollen Bukett von aromatischen Waldbeeren. Mit seinem feinherben, fruchtigen Geschmack und seiner milden Säure eignet sich dieser Lemberger Kabinett sehr gut zu schwäbischem Sauerbraten oder auch zu Rind- und Wildspezialitäten.
Während wir noch Regine Sommerfeld lauschen, hat ihr Ehemann gerade die Kellertüre des Gebäudes aufgeschlossen, vor dem wir stehen. Es ist das ehemalige Dekanat, welches 1547 errichtet wurde. Dieses befindet sich heute im Privatbesitz. Eine Besonderheit: unter dem Haus und dem Keller fließt ein Bach. Doch dann hieß es aufpassen, denn der erste Tritt der Stufen in den Keller ist ziemlich hoch. Trotz unserem Schluck Lemberger ist das für uns natürlich kein Problem, und so steigen wir in den Keller hinab und sehen uns dort um. Und wir erfahren, dass auch Ludwig Uhland und Justinus Kerner mehrfach zu kurzen Besuchen hier im Haus waren.
Danach, in der Obertorstraße, wird unser Blick auf zwei Häuser gelenkt, die zusammengebaut wurden. Man sieht dies deutlich an den Eingängen und an den unterschiedlichen Verzierungen. Bei dem Haus mit den blauen Fensterläden handelt es sich um das älteste noch erhaltene Wohnhaus Brackenheims. Es war bis ins 18. Jahrhundert der Amtssitz des Vogtes. Und hier hatte Carl Bossaller, von dem wir ja eingangs hörten, seine Konditorei und Lebküchnerei, die Heuss in seinem Buch „Vorspiele des Lebens“ so anschaulich beschreibt. Im Nebenhaus hatte der Stadtschreiber gewohnt. Frau Sommerfeld meint, dies müsse ein sehr vorsichtiger Mann gewesen sein, denn er hätte sich viele „Versicherungen“ in sein Haus einbauen lassen: So ist im Fachwerk mehrfach das Andreaskreuz zu sehen, dann die beiden Dachrinnen mit den Drachenköpfen und als Drittes die zwei Neidköpfe, mit denen Dämonen und böse Geister ferngehalten werden sollten. Wir schauen uns dann noch die Rückseite dieser beiden Häuser an. Beide haben unterschiedliches Fachwerk. Das ältere Haus von 1442 hat ein sog. geplättetes Fachwerk mit Eichenbalken, die eine gewisse Stärke und Länge aufweisen. Dafür benötigte man ca. 1000 Stücke Holz. Bei der Technik des gezapften Fachwerks beim anderen Haus dagegen deutlich weniger, und damit auch entsprechend weniger Kosten.
Nach den fachlichen Informationen durften wir noch zwei Kurzgeschichten lauschen, die Heuss seinerzeit unter dem Synonym „Max Brackheim“ geschrieben hat. Und danach nochmal kurz etwas zu seiner Biographie. Heuss wird ja 1949 zum Bundespräsidenten ernannt und hat das Amt zwei Amtsperioden inne bis 1959. Danach zieht er sich ins Privatleben zurück. Er hat ein Haus in Stuttgart auf dem Killesberg. Dort stirbt er 1963 und wird in Stuttgart auf dem Waldfriedhof neben seiner im Alter von 71 Jahren bereits 1952 verstorbenen Ehefrau beerdigt. Und wir bekommen noch ein Gedicht vorgelesen, welches Theodor Heuss seiner Frau zum 70. Geburtstag gewidmet hat. Danach ging es zügigen Schrittes zurück zum ZOB Brackenheim. Dort verabschiedete sich Regine Sommerfeld von uns und betonte, dass es ihr mit uns viel Freude bereitet hätte. Zitat: „Es war ein echt schöner Vormittag!“ Und unsere Kollegin Regine Jung bedankte sich ebenfalls herzlich bei Frau Sommerfeld für deren hochkompetente, witzige und charmante Art, wie sie uns die vielen, hoch interessanten Informationen rübergebracht habe. Ein herzlicher Applaus war denn auch unser aller Dank an Frau Sommerfeld, an ihre Tochter und an ihrem Ehemann.
Jetzt war die Frage: wie kommen wir nach Dürrenzimmern zum Spargelbesen der Familie Grötzinger? Die Entscheidungen wurden individuell getroffen. Und nach und nach kamen alle im Spargelbesen an und freuten sich auf ein leckeres Mittagessen. Ein großer Saal bot für uns alle reichlich Platz. Die Speisekarten lagen auf den Tischen und jeder von uns konnte ganz nach seinem Gusto ein Spargelgericht bestellen. Um es kurz zu machen: Alle waren sehr zufrieden, denn es schmeckte wirklich super lecker. Und jetzt war auch die Gelegenheit, sich noch einmal über all das was wir gesehen und gehört hatten, zu unterhalten. Wir alle waren uns einig, dass wir heute etwas ganz Besonderes erlebt hatten. Unserer Kollegin Regine Jung gehört daher von uns allen ein herzliches Dankeschön und dickes Lob für die Planung, Organisation und Durchführung dieses tollen Events. Ja, und dann lichteten sich unsere Reihen so langsam. Beim Abschiednehmen war oft zu hören: „Das war heute echt super!“ Und so schließe ich auch meinen Bericht mit den schon öfters hier von mir geschriebenen Leitspruch: „Einmal ASP – immer ASP“, denn „Mit dem ASP isch’s oifach schee!“
Horst Neidhart
Fotos: Regine Jung, Horst Neidhart
Gestaltung: Rolf Omasreither

Egal, ob oben oder unten, ob Luv oder Lee, Hauptsach‘ isch, s’war wieder schee!
Mit anderen Worten: es war egal, wo wir auf dem Schiff Platz genommen hatten, wir haben die Fahrt auf dem Neckar von Marbach bis Besigheim genossen. Wir, das waren 38 ehemalige Kolleginnen und Kollegen, die sich für dieses tolle Event unseres ASP angemeldet hatten, welches unter der Leitung von Uli Bertsch stattfand.
Treffpunkt war am Donnerstag, 22. August 2024, um 10.30 Uhr an der Anlegestelle Marbach beim dortigen Bootshaus. Aus Sorge um einen freien Parkplatz trafen die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die mit dem Auto ankamen, bereits deutlich früher ein. Doch es dauerte nicht lange, und wir waren vollzählig. Das fröhliche „Hallo“ zeigte, wie sehr sich alle über das Wiedersehen – aber auch auf die anstehende Schifffahrt - freuten.
Plötzlich stockte die intensive Unterhaltung, denn alle blickten gespannt auf das sich langsam nähernde weiße Schiff. Und bald konnten wir lesen, dass dies die Wilhelma war, das Flaggschiff vom Neckar-Käpt’n. Inzwischen waren noch viele andere Menschen am Anlegesteg eingetroffen, die ebenfalls auf das Schiff wollten. Als die Wilhelma dann anlegte, mussten wir schnell erkennen, dass die oberen Freidecks schon gut besetzt waren. Und so teilte sich unsere Gruppe dann auf und nahm in den verschiedenen Bereichen des Schiffes Platz. Daher das „Luv und Lee“ in meiner Überschrift. Die Wilhelma an sich ist ja ein relativ großes Schiff und hat eine Länge von 37,20 m und eine Breite von 7,20 m. Insgesamt können 300 Passagiere mitfahren, für die es 267 Sitzplätze gibt, davon allerdings nur 61 Außen-Plätze. Aber alle hatten rasch einen Platz gefunden und es dauerte nicht lange, und eine rege Unterhaltung zwischen den Kolleginnen und Kollegen setzte wieder ein.
Um 11.10 Uhr legte dann die Wilhelma ab und wir waren schon gespannt, welche neuen Eindrücke wir vom Neckar und der Landschaft links und rechts des Flusses erhalten würden. Mit dem Wetter hatten wir ja großes Glück: nicht zu heiß, nicht schwül und auch kein Regen. Vermutlich hat es Uli Bertsch extra so für uns bestellt. Und der Bord-Service brachte flink unsere Getränke, die wir bestellt hatten.
Schon nach 10 Minuten erreichte unser Schiff die nächste Anlegestelle in Benningen. Und wenn Jemand sagt, dass der Neckar um Benningen eine Schleife macht, dann meint er dies sicher nicht im sprichwörtlichen, sondern nur im geografischen Sinne. Auch die Römer machten 145 n. Chr. keine Schleife um Benningen, sondern bauten damals am Ostrand ein Kastell. Denn das Gebiet am Neckar war zur damaligen Zeit die Grenze des römischen Reiches. Kleiner Tipp: Wenn Sie mehr davon wissen wollen, dann schauen Sie einfach mal am Rathaus von Benningen vorbei. Dort gibt es eine Infotafel mit vielen interessanten Informationen.
Nach kurzem Zwischenstopp legte die Wilhelma wieder ab. Bis zum nächsten Halt in Mundelsheim war es noch etwa 1 Stunde. Doch vorher galt es die Pleidelsheimer Schleuse zu passieren. Diese hat immerhin eine Fallhöhe von 8,05 m. Das Durchschleusen ging relativ zügig voran. Als dann links und rechts nur noch die Mauern der Schleuse zu sehen waren, bot dies natürlich die Gelegenheit, die Unterhaltung untereinander wieder fortzusetzen. Denn wie immer bei so einem Treffen gab es ja viel zu erzählen.
Doch dann ging es schon wieder weiter und die Aufmerksamkeit galt meistens erneut der wunderschönen Landschaft. Dann ein extra Hinweis über den Bordlautsprecher, auf das von oben rechts grüßende Ingersheimer Schlössle. Und gar mancher von uns erinnerte sich da an die SWR-Fernsehserie „Die Kirche bleibt im Dorf“. Denn Teile dieser Serie wurden ja hier rund um Schloss und Georgskirche gedreht. Aber auch viele von uns, und hier besonders die Kolleginnen und Kollegen auf dem Oberdeck, drehten nun immer wieder ihre Köpfe und genossen dabei den Blick auf die vielen Weinlagen, an denen unser Schiff langsam vorbeifuhr. Und wer nicht nach oben schauen konnte, der erfreute sich an den Schwänen und Graureihern sowie den Libellen, die uns ein Stückchen schwirrend begleiteten. Aber es gab noch etwas Faszinierendes zu beobachten: die sanften Wellen, die unser Schiff auslöste. Beim Betrachten dieses Wellenspiels spürten wir eine tiefe Entspannung und Entschleunigung in uns. Einfach schön!
Dann ein weiterer Hinweis per Lautsprecher. Wir erfahren, dass der bekannte Sänger der Gruppe „PUR“, Hartmut Engler, hier in Großingersheim geboren wurde. Und auch Louis Leitz, der Erfinder des Leitz-Ordners, wurde 1846 ebenfalls in Großingersheim geboren. Mal ehrlich: hätten Sie’s gewusst? Wobei der kleine Knabe damals ja noch Johann Ludwig mit Vornamen hieß. Und aus dem „Ludwig“ wurde – der damalige Mode entsprechend – später dann der „Louis“.
Seit Benningen war nun etwa eine Stunde vergangen, oder sollte ich besser schreiben: verflossen?! Die nächste Anlegestelle war nun Mundelsheim. Hier hat der Neckar eine seiner schönsten Talschleifen geschaffen. Viele von uns kennen diese Neckarschleife ja von einem Besuch auf dem Aussichtspunkt Käsbergkanzel, von wo aus man einen tollen Rundblick über die gesamte Neckarschlinge hat. Doch heute ging unser Blick nicht nach unten, sondern nach oben zu den steilen Weinbergtrassen. Der Käsberg ist ja einer der bekanntesten Weinlagen in unserm Ländle. Nicht nur der traditionelle Trollinger wird hier von den Winzern angebaut, sondern auch Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc oder Syrah. Beim Blick nach oben wird jedem Betrachter schnell bewusst, welche harte und schwierige Arbeit die Winzer hier in diesen Steillagen verrichten müssen.
Es folgte ein weiterer interessanter Hinweis aus dem Lautsprecher, wonach bereits die Römer auf der Mundelsheimer Markung siedelten. Zeugen aus dieser Zeit sind übrigens die beiden römischen Gutshöfe und das Mithrasheiligtum auf der Ottmarsheimer Höhe sowie der frei zugängliche Römerkeller. In diesem Tempel aus dem frühen 3. Jahrhundert sind zwei Altäre zu besichtigen mit Darstellungen, der mit dem Mithras-Kult in Verbindung stehenden Gottheiten Sol und Luna (Sonne und Mond). Ein Besuch dort lohnt sich und kann ja mit einer kleinen Wanderung oder Ortsbesichtigung verbunden werden. Dies nur als kleiner Hinweis meinerseits.
Während die meisten Blicke von uns noch dem tollen Bild dieser Weinlagen gelten, gleitet unsere Wilhelma langsam aber stetig weiter. Die nächste Schleuse steht in Hessigheim an. Ihre Fallhöhe beträgt jedoch nur 6,17m. Auch hier geht das Durchschleusen zügig voran. Hessigheim und Felsengärten werden ja meistens in einem Zusammenhang genannt. Denn aufgrund der herrlichen Aussicht von oben auf den Neckar sind die Felsengärten quasi das Aushängeschild von Hessigheim. Doch auch hier geht unser Blick nicht nach unten, sondern nach oben. Und wir blicken auf diese schroffen, hoch und kühn aufragenden Muschelkalkfelsen, die gerne auch als „schwäbische Dolomiten“ bezeichnet werden. Ob geübte Augen unserer Teilnehmenden dort an den Felsengärten, die ja auch als Eldorado für Sportkletterer gelten, eben solche gesehen haben, ist mir leider nicht bekannt. Aber unabhängig davon ist einfach der Blick auf diese reizvolle Naturerscheinung etwas ganz Besonderes.
Und auch hier wird uns bei der Betrachtung der Steillagen in den Weinbergen erneut bewusst, welche Anforderung deren Bewirtschaftung an die Winzer stellt. Es ist eine mühsame, zeitintensive und auch nicht ungefährliche Arbeit. Die Reben wachsen hier an terrassierten Hängen mit einer Steigung bis zu 50%, die durchzogen sind von handgeschaffenen Natursteinmauern und sehr schmalen Staffeln. Und während wir gemächlich auf dem Neckar dahin schippern, hat – wie wir am nächsten Tag in der LKZ lesen konnten - hier am Hessigheimer Eulenberg bereits die Weinlese begonnen und es wurden die ersten Sauvignon-Blanc-Trauben geerntet.
Nun dauert es nicht mehr lang, und die Wilhelma legte an der Anlegestelle in Besigheim an. Nach dem Verlassen des Schiffes kurzes Innehalten bis die Gruppe wieder vollzählig war. Nun folgte ein kleiner Fußmarsch zum Besigheimer Ratsstüble, wo wir unser Mittagessen einnahmen. Uli Bertsch hatte schon auf dem Schiff die Speisekarte durchgereicht und telefonisch die entsprechende Bestellung aufgegeben.
Bereits nach den ersten Schritten hatten wir den Blick auf eine der am besten erhaltenen mittelalterlichen Städte Süddeutschlands mit seinen malerisch schönen Fachwerkbauten, der Stadtmauer und den gut erhaltenen Türmen. Und bald standen wir vor einem prächtigen Fachwerkgebäude, dem Ratsstüble. Schnell hatten wir Platz genommen und unsere Getränke bestellt. „Schwäbische Küche in historischem Ambiente“, so wirbt das Gasthaus in seinem Prospekt. Und es war in der Tat ein schönes, historisches Ambiente und die schwäbische Küche hat uns allen auch sehr gut geschmeckt. An allen Tischen gab es wieder lebhafte Unterhaltung und es herrschte eine gute und fröhliche Stimmung. Es war der gelungene Abschluss eines sehr schönen und erlebnisreichen Tages, an den wir uns sicher lange erinnern werden. Ach ja, und wenn man schon vom Ratsstüble schreibt, so muss man einfach auch noch auf das schöne schmiedeeiserne Wirtshaus-Schild hinweisen, welches am Gebäude angebracht ist und den Schultes von Besga zeigt. Und Sie wissen ja sicherlich: „Der Schultes von Besga, der hat an saumäßiga…“. Na, was schon? Natürlich einen breiten Rand um seinen Hut! Aber auch dem Organisator dieses heutigen Events von unserem ASP, dem Kollegen Uli Bertsch, gehört ein „saumäßiges“ dickes Lob und ein herzliches Dankeschön von uns allen. Es hat uns einfach großen Spaß gemacht!
Doch dann hieß es wieder aufstehen, um erneut etwas die Beine zu bewegen und zum Bahnhof Besigheim zu gehen. Dabei konnten wir noch einmal etliche schöne Fachwerkbauten bewundern, u.a. auch das Rathaus am Marktplatz mit dem dortigen Dorfbrunnen. Das Rathaus ist das weithin sichtbare Wahrzeichen von Besigheim und überragt alle anderen Bauwerke der Stadt. Dieses Gebäude im mittelalterlichen Fachwerkstil wurde zum Ende des 15. Jahrhunderts errichtet. Übrigens gibt es auch hier einen Hinweis auf die Römerzeit: so ist ein Relief von einem Mithras-Altar an der Innenwand der Eingangshalle eingemauert.
Wir gehen nun an der Stadtmauer entlang weiter. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Einige von uns dieser schönen Stadt, dem schönsten Weinort Deutschlands, noch einmal einen Besuch abstatten werden, um sich all das anzuschauen, wozu heute einfach keine Zeit mehr war. Auf dem Rückweg kamen wir dann noch an einigen Skulpturen des Besigheimer Skulpturenpfads vorbei. So sahen wir den roten „Flossi“, der auf seinem Weg zum Rathaus die Stadtmauer hochklettert. Und beim Überqueren der Enzbrücke fällt unser Blick auf die zwei überdimensionalen Füße sowie die beiden großen Hände, die der Künstler Gunther Stilling geschaffen hat. Beeindruckend auch die lebensgroße Skulptur des Brieftaubenstarters, der drei startende Brieftauben in seiner Hand hält. Diese Figur wurde vom Künstler Karl-Henning Seemann geschaffen.
Am Bahnhof angekommen, dauert es nicht mehr lange, bis unser Zug nach Ludwigsburg einfährt. Die Ersten von uns haben sich bereits hier verabschiedet, und auch in Ludwigsburg, wo wir dann auf die S-Bahn warten, die uns noch bis Benningen bringt, heißt es teilweise „Also bis bald, mach’s gut!“. Für jene Kolleginnen und Kollegen, die ihr Auto in Marbach geparkt hatten, folgt nun ein letzter kurzer Fußmarsch in Richtung Neckar, dort noch schnell über die Brücke und schon sind wir wieder am Bootshaus angelangt. Etliche von uns lassen sich dort noch ein frisches Getränk schmecken und genießen noch einmal den Ausblick auf den Neckar. Denn wie schrieb ich eingangs: „Hauptsach‘ isch, s’war wieder schee“ – natürlich mit unserm ASP!
Horst Neidhart
Fotos: Horst Neidhart und Rolf Omasreither
Bildbearbeitung und Gestaltung: Rolf Omasreither

Traditionell findet unsere Radtour in unserem schönen „Ländle“ statt. Hier gibt es immer wieder wunderschöne und interessante „Ecken“ zu sehen und zu erkunden. Auch Historisches wie tolle Fachwerkhäuser, Burgen, Schlösser, Klöster etc. natürlich kommt auch die Kulinarik nicht zu kurz. Hier soll es auch um Gemütlichkeit und gemeinsames „Schwatzen“ gehen. Wir rasen nicht von A nach B.
So haben wir auch für dieses Jahr wieder eine gute und interessante Tour zusammengestellt.
Bei bestem Radwetter, Sonne, Wolken, ohne Regen und angenehmen 24 Grad trafen sich neunzehn gut gelaunte Radler am Startpunkt in Kleinglattbach. Bevor es losging, gab es noch eine kleine „Starterhilfe“ in Form einer frischen Laugenbrezel und für Naschkatzen ein kleines Hanuta oder Gummibärchen.
Dann ging es los!! Richtung Mettertal und den Orten Sersheim, Horrheim, Steinbachhof, Gündelbach. Hier gab es die erste Trinkpause. Ein freundlicher Helfer wartete bereits mit kühlen Getränken auf uns Radler. Dann gings weiter nach Schützingen. Ein Ortsteil von Illingen mit wunderschönen, gut erhaltenen und historischen Fachwerkhäusern. Eines schöner als das andere und aufgereiht wie an einer Perlenschnur. Beim schönen Ortsbrunnen haben wir gleich eine kleine Foto-Session eingelegt und um dieses besondere Flair zu genießen. Anschließend Richtung Zaisersweiher (Stadtteil von Maulbronn) wo wir unsere verdiente Mittagspause, in der Gaststätte „Dahoam“ bei Bärbel einlegten.
Nach dem Essen gings weiter Richtung Diefenbach (Ortsteil von Sternenfels), vorbei an Maulbronn und Schmie nach Lienzingen (Stadtteil von Mühlacker). Hier gab es einen kleinen Abstecher und Halt an der sehenswerten Kirchenburg mit Wehrmauer. Geniale Sache, alle waren erstaunt, kann man nur empfehlen. Nach dem Eintauchen in die Vergangenheit ging es weiter über Illingen nach Kleinglattbach mit Abschluss im Vereinsheim, gleich neben dem unserem Start- und Zielparkplatz.
In vielen der Orte und Plätze könnte man sich sicher einen Tag lang aufhalten und viele nette, schöne, gemütliche und historische Ecken entdecken.
Immer wieder haben wir auf unserer Tour, treu unserem Thema, die Metter gekreuzt bzw. ihr gefolgt. Natürlich kamen auch die gemeinsamen Gespräche nicht zu kurz.
Bei Pausen und während der Fahrt gab es immer wieder Möglichkeiten einen kleinen „Schwatz“ mit den Mitfahrern zu halten, über das allgemeine Wohlbefinden, den Ruhestand, geplante Reisen, verschiedene Hobbys usw.
Es war wieder mal eine gelungene und vor allem eine unfall- und pannenfreie Radtour und Aktivität unseres ASP-Teams.
Herzlichen Dank an Eberhard und seinen Sohn für die Auswahl der Strecke, die Versorgung mit Getränken (auch das kühle Abschluss Bierchen!!) und vor allem die Bereitschaft einer eventuellen Pannenhilfe.
Eines ist klar!!! Nächstes Jahr treten wir wieder in die Pedale!!!! Egal wo hin!!!
Das ASP-Radteam
Fotos: Margot Herzog, Axel Fink und Rolf Omasreither
Bildbearbeitung und Gestaltung: Rolf Omasreither

Wussten Sie schon, dass Handschellen keine Abführmittel sind?
Diese Erkenntnis stammt von Erhard Blanck, einem deutschen Heilpraktiker und Schriftsteller. Aber auch wir erfahren Interessantes zu diesem Thema. Doch lassen Sie mich von vorn beginnen:
Donnerstag, 4. Juli 2024, morgens um 09:45 Uhr: Was ist los am Bahnhof Ludwigsburg? Eine große Menschenmenge von 37 Personen hat sich dort versammelt. Etwa eine nicht angekündigte Demo? Doch bevor eventuell noch die Polizei kommt, um nach dem Rechten zu schauen, macht sich die Gruppe selbst auf den Weg zur Polizei. Denn diese 37 Personen, die sich da meist lachend unterhalten, sind die Kolleginnen und Kollegen, die heute unter der Führung von Anne Tschürtz und Gabi Ivenz das Polizeimuseum in Stuttgart besuchen wollen.
Wie immer große Wiedersehensfreude bei allen Ehemaligen. Und die erste Überraschung gab es auch gleich: Gabi Ivenz verteilte an alle eine frische Laugenbrezel als kleinen Willkommensgruß, über den wir uns alle freuten. Dann aber ging’s los: Mit der S-Bahn zunächst nach Stgt.-Feuerbach, und von dort weiter mit der U-Bahn bis zum Pragsattel. Ein kurzer 5-minütiger Fußweg bis zur Hahnemannstraße 1 und dem dortigen Polizeimuseum. Vor der Schranke blieben wir stehen und waren alle schon sehr gespannt, was wir da heute zu sehen und zu hören bekommen würden.
Mit einem Lächeln kamen bald zwei Herren auf uns zu und stellten sich als Fritz Erlach und Andreas Stolz vor. Beide haben 46 Dienstjahre als Polizisten hinter sich. Herr Fritz Erlach war Hauptkommissar Gehobener Dienst und Herr Andreas Stolz Leitender Polizeidirektor. Inzwischen befinden sie sich jetzt ebenfalls im Ruhestand und sind als Führer des Polizei-Historischen Vereins Stuttgart tätig. Der Verein wurde im Jahr 2007 von 28 ehemaligen und aktiven Polizeibediensteten gegründet und kann durchaus stolz auf sein Museums-konzept sein. So wird das am 25. Februar 2015 eröffnete Polizeimuseum jährlich von über 4000 Gästen besucht.
Noch ein Wort zu unseren beiden Führern: Schon als sie sich uns vorstellten, merkten wir sofort, dass wir es mit zwei sehr humorvollen Menschen zu tun hatten. Und dieser Humor war im Rahmen der Führung auch immer wieder zu spüren und war damit ein wohltuender Gegenpol zu den schrecklichen Verbrechen, über die uns später die beiden ehemaligen Polizisten berichteten.
Doch zunächst bekamen wir noch einige Informationen zu dem Gebäude, vor dem wir standen. Das große Gebäude war etlichen unter uns nicht ganz unbekannt, denn es war ja bis 1973 noch das Robert-Bosch-Krankenhaus. Seit 1978 ist das ehemalige Klinikgebäude nun Dienstsitz der Polizei. Wir erfahren, dass sich in diesem Gebäude insgesamt 550 Arbeitsplätze befinden. Und wir erfahren weiter, welche Abteilungen und Dezernate in den verschiedenen Gebäudeteilen untergebracht sind. Ein Schmunzeln löste die Information aus, dass sich die Funkleitzentrale im ehemaligen Kreissaal des Krankenhauses befindet und ein Kollege, der einst dort zur Welt gekommen ist, dort dann auch in den Ruhestand ging. Inzwischen ist die Funkleitzentrale jedoch in ein kleineres Gebäude auf der Rückseite umgezogen.
Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, sich in zwei Gruppen aufzuteilen. Ich selbst war in der Gruppe mit Fritz Erlach, der 1969 als 17-Jähriger zur Polizei ging, und uns nun zunächst einiges über seinen Berufsweg und über die von ihm dabei ausgeübten Tätigkeiten berichtete. Wie er sagte, hätte ihm sein Beruf immer sehr viel Spaß gemacht, was man ihm bei seinen Ausführungen auch anmerkte. Wobei er schon betonte, dass in diesem Beruf Freud und Leid sehr nah beieinander sind. Und wir erfahren noch, dass die Räume des Museums von den Polizisten nach Dienstschluss selber hergerichtet worden sind.
Es würde nun einfach zu weit führen, wenn ich hier im Detail berichten würde, was wir alles gesehen und gehört haben. Auf einer Ausstellungsfläche von 220 qm präsentiert hier das Polizeimuseum Stuttgart in verschiedenen Themeninseln die Geschichte der Polizei Stuttgart. So werden spektakuläre Verbrechen aus zwei Jahrhunderten präsentiert, aber auch ihre Aufklärung spannend dargestellt. Und auch unsere Führung begann dann im Raum der Kapitalverbrechen. Wir erfahren, dass es sich bei den ausgestellten Waffen um die Original-Tatwaffen handelt.
Bald stehen wir vor einem Zementteil aus der Abfalltonne, dem Relikt eines grausamen Verbrechens: dem Zementmord. Herr Erlach berichtet uns detailliert den gesamten Ablauf der Tat bis zur Aufklärung. Was war geschehen? Aus Eifersucht töten Jugendliche kaltblütig und gefühllos einen anderen Jugendlichen, zerstückeln die Leiche, betonieren die Leichenteile in Blumentöpfe und den Torso in eine Papiermülltonne. Da diese dann jedoch für den Transport zu schwer ist, wird sie nun mit einem Trennschleifer zerkleinert.
Die Blumentöpfe werden im Neckar versenkt und der Torso in mehreren Plastiktaschen verteilt in einem Wald bei Großbottwar abgelegt. Auf einem Foto sehen wir, wie die Wasserpolizei einen dieser Blumenkübel herausholt. Der Mord konnte deshalb sehr rasch aufgeklärt werden, da Mitbewohner des Hauses, in dem die Leiche zerteilt wurde, starken Verwesungsgeruch wahrnahmen und die Polizei verständigten. In der ganzen Wohnung verteilt lagen aufgeflexte Betonteile, von Maden überzogen und mit Blut verschmiert. Noch während der Spurensicherung traf dann die Bewohnerin dieser Wohnung ein und war nach anfänglicher Weigerung bereit, die Namen der Tatbeteiligten zu nennen. Uns beschäftigte danach die Frage, warum waren diese jungen Menschen zu solcher Brutalität in der Lage?
Nicht um Mord und Totschlag ging es an unserer nächsten Station. Hier ist der Fall des berühmten Kunstfälschers Konrad Kujau dargestellt, der mit seinen gefälschten Dokumenten ein ganzes Land hinters Licht führte. Der Skandal um die gefälschten Hitlertagebücher ist uns ja allen noch bekannt. Unser Blick wird auf ein Bild gelenkt, welches von Konrad Kujau gemalt wurde, im Original jedoch von Max Liebermann ist. Aber es handelt sich dabei nicht um eine Fälschung – wie uns erklärt wird – sondern um eine Kopie. Der Grund: Kujau hat dieses Bild links unten mit seinem Namen versehen. Hätte er seinen Namen weggelassen, wäre es eine Fälschung. Aber Kujau hat sehr viele Fälschungen begangen, u.a. hat er sogar den Personalausweis von Adolf Hitler gefälscht. Diese Fälschung können wir in der Vitrine betrachten. Verbrecher oder begnadeter Künstler? Diese Frage bleibt im Raum stehen.
Doch dann werden wir wieder mit einem Bericht über ein wirklich schreckliches Verbrechen konfrontiert: Der Mord auf der Gaisburger Brücke. Zwei Polizisten starben und drei weitere wurden verletzt, der Täter, Frederic Otomo, wurde erschossen. Die ganze Dramatik wird für uns noch deutlicher, als wir die Original-Funksprüche zu hören bekommen. Erstaunlich, wie besonnen und sachlich die Meldungen erfolgen, obwohl sich die Situation so zugespitzt hatte und man bereits erkennen konnte, dass es mehrere Tote und Schwerverletzte gibt. Dennoch koordiniert der Polizeifunker ruhig und sachlich den Einsatz. Ein beeindruckendes, aber gleichzeitig auch bedrückendes Ton-Dokument.
Während wir noch in Gedanken bei dem soeben Gehörten verweilten, wurden wir schon mit der Geschichte eines weiteren Verbrechens konfrontiert, welches im Sommer 2014 ganz Stuttgart in Atem hielt: Der Koffermord. Zwei Männer, die am 1. Juni 2014 hinter einer Betonwand im Rosensteinpark kurz austreten möchten, machten dabei einen grausigen Fund: zwei große Rollkoffer, von denen einer ziemlich blutverschmiert ist. Sie rufen mit ihrem Mobiltelefon die Polizei. Als diese die Koffer öffnen, entdecken sie in einem der Koffer die Leiche einer Frau, und im anderen Koffer die eines Mannes. Beide sind unbekleidet und weisen massive Stich- und Schlagverletzungen auf. Der Täter soll den Mann im Schlaf mit einem Feuerlöscher erschlagen haben, weil dieser mit der Frau liiert war, an der er selbst Interesse hatte. Doch als er feststellen musste, dass dieses nur sein und nicht ihr Interesse war, habe er die Frau erstochen. Anschließend presste er die Leichen in zwei Reisekoffer, reinigte penibel die Wohnung und brachte die beiden Koffer mit seinem Fahrradanhänger in den Schlossgarten. Sichergestellte DNA-Spuren führten bald auf die Spur von ihm.
An der nächsten Themeninsel ging es nun um den Erkennungsdienst. Anhand eines Schaubildes an der Wand und den aufgestellten Kameras wird deutlich, dass früher mit Plankameras von einem Verdächtigen jeweils 3 Fotos gemacht wurden. Darauf war dieser im Profil dann einmal von der rechten Seite abgelichtet, einmal frontal von vorne, und einmal als Halbprofilbild mit leicht nach rechts gedrehtem Kopf. Anhand der Form von Kopf, Stirn, Nase, Kinn und Mund konnte man dann Leute identifizieren. Abgebildet ist auch, wie früher Fingerabdrücke mit Druckerschwärze gemacht wurden. Dann sehen wir einen Stuhl mit drehbarer Sitzfläche. Falls sich eine Person nicht drehen möchte, um sich wie oben beschrieben fotografieren zu lassen, kann die Sitzfläche von den Beamten entsprechend gedreht werden..
Danach ging es um Uniformen und Dienstgradabzeichen. Die Farbe der Uniform gab Auskunft darüber, ob die Polizei der Kommune oder dem Land unterstellt war. Und wir erfahren noch, dass auch die Farbe der Dienstgradabzeichen von Bedeutung ist. So stehen blaue Sterne für den mittleren Dienst, silberne Sterne für den gehobenen Dienst und die goldenen Sterne für den höheren Dienst, wobei die Anzahl der angebrachten Sterne eine Aussage über den jeweiligen Dienstgrad geben.
Nun wird uns noch der neue Dienstausweis der Polizei Baden-Württembergs gezeigt. Dieser hat Scheckkartenformat und ist in blauer Farbe gehalten. Auf der Rückseite ist ein silbernes Hologramm in Sternform mit lichtbrechender Eigenschaft angebracht. Wird so ein Ausweis gefälscht, ist der Stern schwarz. Ein wichtiger Hinweis: wenn uns ein Polizist seinen Ausweis zeigen würde, so sollten wir ihn bitten, uns auch die Rückseite zu zeigen, damit wir auf das Hologramm schauen können, ob dieses silbern ist.
Das Etui für den Dienstausweis der Kriminalpolizei ist ein Ledermäppchen mit einem silber- oder goldfarbenen Polizeistern und dem Schriftzug KRIMINALPOLIZEI auf der Vorderseite. In das Innere kann der Polizei-Dienstausweis integriert werden. Die Mappen können entweder an den Gürtel angeknipst oder mit einer Kette um den Hals getragen werden. Und dann noch eine Kuriosität: der grüne Dienstausweis vom ersten Tatort-Hauptkommissar Ernst Bienzle. Anschließend sehen wir noch die historischen Uniformen vom 19. Jahrhundert bis heute.
Der nächste Themenbereich betraf „eine ganz dunkle Zeit der Polizei“. Anhand von Schaubildern werden kritische Themen der Polizeigeschichte ganz bewusst angesprochen. Es geht um die Rolle der Polizei im Nationalsozialismus, über den Umgang mit Recht und Gesetz und über das Verständnis von Staat und staatlicher Gewalt. Dann berichtet uns Herr Erlach über die Deportation der Stuttgarter Juden. Es ist ihm anzumerken, wie sehr ihn dieses Thema berührt; und uns ergeht es ebenso.
Der nächste Ausstellungsbereich betraf das Thema Waffen, von denen hier eine Vielzahl ausgestellt sind. Interessant die Hinweise über die Fähigkeit der neuen Waffen mit einer „Mannstoppwirkung“. Damit kann ein Getroffener schnell bewegungs- bzw. handlungsunfähig gemacht werden und das Geschoss bleibt im Körper des Getroffenen stecken. Dann weckt ein Koffer unser Interesse, der an der Seite vorne ein Loch hat. Wir erfahren, dass dieser Koffer im Personenschutzkommando verwendet wird. Am Tragegriff des Schießkoffers, in dem eine Maschinenpistole „HK MP5 kurz“ verdeckt mitgeführt wird, sehen wir den Abschussbügel. Wird dieser betätigt, fliegen das oder die Geschosse vorne zum Loch raus. James Bond lässt grüßen!
Fußfesseln und sog. „Achterschließen“, Handschellen, wurden uns als Nächstes gezeigt und ihre Handhabung erläutert. Interessant die Erklärung, weshalb die Hände immer hinter dem Rücken verschlossen werden. Ein Schmunzeln löst bei uns aus, als wir auf das Risiko abgebrochener Schlüssel bei privatem Gebrauch der Handschließen im Schlafzimmer hingewiesen wurden. Es folgen noch ein paar Hinweise zur Entwicklung der Uniformen für Polizistinnen, und zu anderen Ausrüstungsgegenständen wie Schutzhelmen, sonstigen Ausstattungsstücken und extra Schutzanzügen für besondere Einsätze. Damit ein Übergang zum nächsten Thema: Der „Schwarze Donnerstag“ am 30. September 2010 auf der Stuttgart-21 Baustelle im Schlossgarten. Wobei dieses Thema nach einem kurzen Schwenk auf den politischen Hintergrund rasch wieder beendet wird.
Wir wechseln wieder die Räumlichkeit und stehen nun im sog. Prolograum. Herr Erlach führt aus, dass sich die früher ruhige Form von Demonstrationen schlagartig geändert hätte, als die linken Studentengruppen, wie die ASTA, aufgekommen sind. Nun wurden plötzlich Farbbeutel und Steine geworfen. Und dann hat auch die Polizei aufgerüstet. Im Gegensatz zu damals benötigen die Einsatzkräfte heute Schutzschilder und Einsatzschlagstöcke, die sich schnell und leicht durch eine kurze Schleuderbewegung auf die volle Länge ausziehen lassen. An einer Puppe können wir sehen, mit welcher Ausrüstung ein Einsatzbeamter im Jahr 2010 ausgerüstet war: Eine schwer entflammbare Einsatzhose und Jacke, ballistische Schutzweste, Protektoren zum Schutz von Armen und Beinen, Schlagstock, Schutzschild, Dienstpistole, Funkgerät und Handschließe. Gewicht: ca. 15 kg.
Kurz danach sind wir im Themenbereich Verkehr angekommen, was schon durch die leuchtende Verkehrsampel deutlich wird. Hier wird die Entwicklung des Straßenverkehrs und die damit einhergehenden Aufgaben der Polizei behandelt. Das Bild mit einem toten Pferd ist der Einstieg zum Thema Unfallgeschehen und dem neu geschaffenen Verkehrs-Unfalldienst der Polizei. Ein paar Schritte weiter geht es dann um das Thema Verkehrskontrollen, wie z.B. Alkohol im Verkehr und um die entsprechenden Maßnahmen der Polizei. Schmunzeln bei gleichzeitigem Kopfschütteln gab es dann bei der Präsentation der „blitzenden Mülltonne“. Dann standen wir vor einem Motorrad, einer aufwändig restaurierten Harley-Davidson WLA 750, Baujahr 1942. Mit dieser Harley fuhren Polizisten in der Zeit der amerikanischen Besatzungszone tatsächlich auf der Autobahn rund um Stuttgart Streife. Ein echter Blickfang hier im Polizeimuseum. Nicht ganz so auffällig dagegen das grüne Polizeimotorrad. Eine BMW R50, die ebenfalls eine Höchstgeschwindigkeit von 105 km/h hatte und mit Mikrofon und Lautsprecher ausgerüstet war. Es folgten einige Informationen über die von Polizeipräsident Rau ins Leben gerufenen „Rau-Reiter“, die neben der Verkehrsüberwachung auch Staatsempfänge begleiteten und auch bei öffentlichen Veranstaltungen eingesetzt wurden.
Dann kamen wir zu einem Thema, welches für die Stuttgarter Polizei mit gewaltigen Herausforderungen verbunden war: die Baader/Meinhof-Bande. Baader und Raspe hatten sich ja wie bekannt in ihren Zellen erschossen und Ensslin hatte sich am Zellenfenster erhängt. Wir bekommen in diesem Zusammenhang eine Pistole gezeigt, bei der die Griffschale abmontiert wurde. Herrn Erlach erzählt uns, wie es möglich war, diese Pistole in eine Gefängniszelle zu schmuggeln. Anschließend bekamen wir noch einige Hinweise zur Spurensicherung, bevor wir am Ende der Führung angekommen waren. Mit netten Worten verabschiedete sich Herr Erlach von uns und wünschte uns noch einen schönen Nachmittag in der Distelfarm sowie weiterhin ein „schönes und genüssliches Rentnerdasein“. Wir bedanken uns bei ihm für die äußerst kompetente, hoch interessante sowie humorvolle Führung, an die wir uns sicherlich noch lange erinnern werden.
Im Anschluss trafen beide Gruppen wieder zueinander. Die rege Unterhaltung zeigte, wie sehr es allen Teilnehmenden gefallen hatte. Doch wir hatten ja noch ein Ziel, und dafür mussten wir uns jetzt noch etwas sportlich betätigen. Denn dieses Ziel, die Gaststätte Distelfarm, liegt oberhalb der Weinberge an einem Hang, direkt angrenzend an eine Schrebergartensiedlung. Und dazu mussten wir quasi erst einmal eine kleine „Stäffelestour“ unternehmen. Doch schließlich sind wir ja alle „Aktive Sparkassen Pensionäre“ und so dauerte es nicht allzu lang und wir standen oben auf der Höhe vor dem Eingangsbereich der Distelfarm mit einem herrlichen Blick auf Stuttgart’s Norden.
Wie schrieben einst die Stuttgarter Nachrichten im Jahre 2015: „Allein die Aussicht auf die Aussicht ist verlockend!“ Und dass dies durchaus stimmt, konnten wir sehr schnell feststellen. Wie schön, dass wir unsere Plätze im geschützten Terrassenbereich einnehmen konnten. Das Speiseangebot sehr vielseitig, vom Thai-Curry bis zu Schwäbischen Kässpätzle, und egal ob Fisch, Fleisch oder Vegan, die Auswahl war groß. Aber jeder von uns hatte sich trotzdem schnell entschieden und die Getränke wurden auch rasch serviert. Nun gab es natürlich reichlich Unterhaltungsstoff, zum einen über die vorhin erlebte Führung, aber auch über Erlebnisse aus unserer früheren aktiven beruflichen Zeit, und natürlich auch über Aktuelles in der jetzigen Zeit. Und das ist ja immer das Schöne an diesen tollen Veranstaltungen unseres ASP-Teams. Einerseits die angebotenen Aktivitäten und andererseits das Wiedersehen der Teilnehmenden untereinander.
Bald wurden auch die bestellten Speisen serviert. Kurz gesagt: es hat uns allen sehr gut geschmeckt! Doch horch: was prasselt denn da so auf das Dach? Plötzlich hatte sich der Himmel verdunkelt und seine Schleusen geöffnet. Na, da bleiben wir halt noch ein Weilchen sitzen und schwätzen munter weiter. Und wer nicht mehr sitzen wollte, der konnte sich in die Schlange an der Kasse einreihen. Hier gibt es aus unserer Sicht noch Optimierungsmöglichkeiten für die Organisation und das Personal des Gastbetriebes. Doch tat dies unserer guten Laune keinen Abbruch, zumal sich die Wolken am Himmel inzwischen wieder verzogen hatten und wir nun trockenen Fußes zur U-Bahn-Station am Pragsattel absteigen konnten. Mit U-Bahn und danach S-Bahn bis Ludwigsburg, wo nun das große Abschiednehmen begann. „Also, bis zum nächsten Mal!“ und „Schön war’s wieder!“ hieß es da meist, nochmal ein Umarmen und ein kurzes Winken, und jeder freute sich schon jetzt auf ein baldiges Wiedersehen. Unseren beiden Kolleginnen, Gabi Ivenz und Anne Tschürtz, gebührt ein ganz großes Lob und Dankeschön für die Organisation und Durchführung dieser erlebnisreichen und äußerst interessanten Veranstaltung. Das war wirklich etwas Besonderes! Ach ja, und kennen Sie den: Männer sind wie Handschellen – immer gleich eingeschnappt. Aber wie gut, dass Frauen meist den passenden Schlüssel haben! In diesem Sinne schmunzeln Sie weiter und freuen Sie sich auf das nächste Highlight von und mit unserem ASP. Denn Sie alle wissen ja inzwischen: „Mit unserm ASP isch’s oifach schee!“
Horst Neidhart
Fotos: Horst Neidhart und Rolf Omasreither
Bildbearbeitung und Gestaltung: Rolf Omasreither

Mit dem ASP ganz hoch hinaus!
In der Tat, bei diesem Event von unserem ASP ging es diesmal wirklich hoch hinaus. Und mit hohen Erwartungen trafen 43 ehemalige Kolleginnen und Kollegen am 10. September 2024 am Bahnhofs-Vorplatz in Ludwigsburg nach und nach ein. Manche von ihnen nahmen zum ersten Mal an einer Veranstaltung unseres ASP teil, und - so viel sei vorweg gesagt – sie sollten es nicht bereuen.
Monika Lang und Frieder Rutte hatten kurzfristig noch dafür gesorgt, dass auch das Wetter mitspielte und die Regenwolken sich langsam wieder verzogen. Wie immer war bei allen Teilnehmenden die Wiedersehensfreude groß und so gab es natürlich auch gleich viel untereinander zu erzählen.
Die S-Bahn brachte uns dann schnell bis Stuttgart an den Hauptbahnhof. Von da war es dann nur noch ein kleiner Spaziergang bis zum Schlossplatz, wo wir im „Carls Brauhaus“ unser Mittagessen einnahmen. An diesem Standort gründete Carl Dinkelacker im Jahr 1888 die Brauerei Dinkelacker. Im Jahr 2014 wurde dann das heutige Carls Brauhaus eröffnet.
Doch wir wollten ja alle hoch hinaus und so ging es dann, nachdem wir Carls Brauhaus wieder verlassen hatten, zur nächsten U-Bahn-Station, von wo aus uns die U7 nach Ruhbank, der Haltestation am Fernsehturm, brachte. Da standen wir dann alle erst einmal und kamen uns ehrlich gesagt sehr klein vor. Ja, es ist schon ein ganz besonderer Moment, wenn man hier vor diesem ästhetischen, architektonischen Meisterwerk mit seinem zeitlosen Design steht und seinen Blick vom Boden bis zur Spitze der Antenne in 216,61m Höhe schweifen lässt. Zum 40. Geburtstag des Turmes hieß es in einem Gedicht des Plieninger Wilhelm Hertig: „Wie stolz wir sind, dass wir Dich haben, Dich, den größten aller Schwaben. Du stehest als ein großer Held, beschaust von oben Dir die Welt…“. Und es war auch für uns der Moment, wo unsere Spannung nochmal spürbar stieg. Denn nun würde es ja nicht mehr lange dauern, bis wir alle unseren Blick nicht nur von unten nach oben, sondern dann von oben nach unten und über die ganz umliegende Region schweifen lassen können. Ganz so, wie es der Dichter beschreibt.
„Überblick“ war denn auch die Aufschrift auf einem Aufkleber, den wir erhielten und sichtbar an uns anbrachten. Er war das Zeichen, dass wir zu dieser Gruppe gehören, die jetzt gleich zur Führung in den Turm starten würde. Unsere beiden „Guides“ waren inzwischen auch schon eingetroffen und so teilten wir uns rasch in zwei Gruppen auf. Eine Gruppe führte anschließend Jürgen Lehrle, ein früherer Bauingenieur, über den die Stuttgarter Nachrichten im Jahr 2012 schrieben: „Ein Mann wie ein Turm“, und sich dabei auf seine Körpergröße über 1,90m bezogen. Wie uns Herr Lehrle sagte, sei dies heute seine letzte Führung, die er macht. Vermutlich will er es danach mit seinen 82 Jahren etwas ruhiger angehen.
Bei der zweiten Gruppe, der auch ich angehörte, stellte sich die Führerin mit folgenden Worten vor: „Ich bin Gertrud Rammler. Rammler wie der Hase“. Womit uns sofort klar war, dass wir es mit einer humorvollen Dame zu tun hatten. Damit wir Frau Rammler bei der Führung auch gut verstehen, bekamen wir zunächst noch eine Hörhilfe, einen Audioguide, ausgehändigt. Die vereinzelt aufgetretenen Probleme wurden individuell schnell behoben und ein kurzer Test ergab, dass wir jetzt alle „den Hasen im Ohr hatten“.
Nun mussten wir einzeln das im Eingangsbereich angebrachte Drehkreuz passieren. Hierfür hatten wir vorher alle unser Ticket bekommen, welches mit einem Barcode versehen war. Neben dem freundlichen Aufdruck „Herzlich willkommen“ war hier auch aufgedruckt: „Der Erste der Welt“. In dem ausliegenden Flyer wurde sogar von dem „Urahn aller Fernsehtürme“ gesprochen. Was damit gemeint war, sollten wir jetzt gleich erfahren. Denn nun ging es für unsere Gruppe mit dem Aufzug 3 Meter ins Untergeschoss. Danach über eine steile Treppe hinab zum Fundament des Turmes. Und wir werden darüber informiert, dass wir uns nun 8 Meter unter dem Erdboden befinden.
Plötzlich ertönte eine Melodie, die etlichen von uns doch irgendwie bekannt vorkam. Es war die Erkennungsmelodie der früheren Abendschau des SWR. Da schwang dann schon so ein Hauch Nostalgie durch den kühlen Raum des Beton-Fundaments. Danach gab uns Frau Rammler einige Erklärungen zu den aufgestellten Schautafeln und den Schaubildern an der Wand. So erfahren wir, dass das konische Fundament alleine schon 1.500 Tonnen wiegt und neben dem Gewicht des Turmes von 3.000 Tonnen auch noch die Erdlast von weiteren 3.000 Tonnen trägt.
Im Gegensatz zu früheren Bautechniken z.B. für große Schornsteine, bei denen schwere Massivplatten das Fundament bildeten, handelt es sich hier um ein sog. Ringfundament mit einer Kernweite von 27 Metern. Dadurch fallen die Schwankungen des Turms viel geringer aus. Und um dieses Fundament durch die oben beschriebenen Belastungen nicht zu sprengen, wurde ein radiales Drahtbündel aus festem Stahl eingebaut. Diese Spannglieder setzen – wie die Speichen bei einem Fahrrad – das Ringfundament unter Spannung und festigen es. Wobei diese Spanndrahtseile noch mit einer dünnen Betonplatte gegen Korrosion durch Grundwasser geschützt sind.
Die folgenden Erklärungen beziehen sich dann auf den Turm als solches. Wie wir erfahren, dürfen sich insgesamt 320 Personen im Turm aufhalten. Wenn es jedoch stürmt, wird ab 70 km/h evakuiert, denn dann beträgt die höchste zulässige Anzahl nur noch die Hälfte. Denn bei Sturm bewegt sich der Turm bis zu einem Ausschlag von 1,50 Meter, während der normale Ausschlag 30 cm beträgt. In diesem Zusammenhang kommt Frau Rammler auch noch auf den Turmschacht zu sprechen. So erfahren wir, dass sich in der geschlossenen Röhre neben dem Aufzugsschacht für die beiden Aufzüge auch noch eine Nottreppe mit 762 Treppenstufen befindet. Nun mag sich jede/r von uns selbst ausmalen, wie lange sie/ er dafür brauchen würde, um von der Basis bis zum Korb zu gelangen. Wie gut, dass wir – wie alle Besucher – mit einem der beiden Aufzüge nach oben fahren konnten. Kleine Anmerkung: Der schwäbische Trepppenstürmer Thomas Dold schaffte es in der Rekordzeit von 4:05 Minuten (!) bis zur Aussichtsplattform. Die Aufzüge benötigen für diese Distanz allerdings lediglich 36 Sekunden. Die zwei Aufzüge wurden übrigens 1954 von der Stuttgarter Firma Haushahn gebaut und die Aufzugsanlage gehörte seinerzeit zu den schnellsten der Welt. Danach streifte die Führerin noch das Thema Brandschutz, und so erfahren wir, dass der Turm aus Brandschutzgründen in den Jahren 2013-2016 für Besucher geschlossen war.
Ein Schmunzeln und Lachen löste bei uns die Information aus, dass man im Zuge der Überlegungen bezüglich Brandschutz auch ernsthaft an eine Außenrutsche gedacht hatte. Wobei diese Gedanken allerdings bald wieder verworfen wurden. Die Lösung war deutlich einfacher, indem alle theoretisch brennbaren Kabel nun von Blechkästen umhüllt wurden, die man noch mit Steinwolle füllte. Sollte jetzt aus irgendeinem Grunde trotzdem einmal eine Evakuierung erforderlich sein und die beiden Aufzüge abgeschaltet werden, dann gibt es nur noch die Möglichkeit, über die Treppe nach unten zu gelangen. Unser Blick wird dann auf die vielen Blitzableiter gelenkt, die sich hier im Fundament befinden. Und uns wird versichert, dass man bei Gewitter keine Angst haben muss, wenn man sich im Turm befindet.
Wie wir auf einem Foto hier im Raum des Fundaments erkennen können, hat im Turm auch schon hoher königlicher Besuch stattgefunden: Im Rahmen ihres Deutschlandbesuches trägt sich die Queen Elizabeth II. im Fernsehturm in das Goldene Buch der Stadt Stuttgart ein. Wie uns Frau Rammler erzählt, habe zu diesem Zeitpunkt allerdings der Rasen vor dem Fernsehturm durch sehr spärlichen Graswuchs nicht schön ausgesehen. Um jedoch einen guten Eindruck zu hinterlassen, hat die Stadt angeblich mit grüner Sprayfarbe etwas nachgeholfen. Quasi ganz nach dem Motto: „God save the Green!“ Während die Queen dann allerdings über einen roten Teppich schritt, habe sich jedoch mancher aus dem königlichen Begleitpersonal hinterher über grüne Flecken auf seinen Schuhen gewundert…
Die nächsten Informationen betrafen das frühere Restaurant, welches sich in der Eventebene unterhalb des Cafés befand. Hier erfüllte sich Willi Weber, der frühere Manager von Michael Schumacher, einen Traum und eröffnete sein „Weber’s Gourmet“ - Restaurant. Als Koch holte er sich den Österreicher Armin Karrer, der sich hier sogar einen Stern „erkochte“. Im Jahre 2004 musste der ganze Korb saniert und die gesamte Außenhaut erneuert werden. Im Zuge dieser Sanierung wurde die gesamte Küche ausgebaut, da diese als hohe Brandlast zählt. Das Restaurant gibt es daher nicht mehr. Aber die sog. Eventebene gibt es weiterhin. Hier können verschiedene Festveranstaltungen stattfinden, egal ob von Firmen oder auch privat, wie z.B. Hochzeitsfeierlichkeiten. In dieser Eventebene dürfen sich maximal 70 Personen aufhalten.
Dann ging es für uns wieder die Treppe hinauf und wir verließen das Fundament. Mit dem Aufzug ging es bis ins Erdgeschoss, wo wir wieder ins Freie rausgehen und erneut auf den Turm blicken. Frau Rammler begrüßt uns dann nochmals ganz offiziell im Namen der Betreibergesellschaft des Turms mit dem Namen: SWR Fernsehturm Stuttgart, einer 100prozentigen Tochter des SWR Stuttgart. Es folgt nun ein kleiner Rückblick auf den Anfang der 50er Jahre in Deutschland und des beginnenden wirtschaftlichen Aufschwungs.
Jetzt die Frage an uns: „Wieviel Fernsehgeräte hat es 1954 in Stuttgart gegeben?“ Unter mehreren Antworten aus unserer Gruppe war auch die richtige Zahl dabei: 1.330 Fernsehgeräte. Jedoch war zu diesem Zeitpunkt, wie Frau Rammler erwähnte, Fernsehen für die Stuttgarter mehr Verdruss als Freude. Die Ursache lag in der Topographie von Stuttgart und der bekannten Tatsache, dass sich die „Fernsehwellen“ geradlinig ausbreiten. Außerdem stand der nächste Sender weit weg in Mainz. Dadurch war nur in den Höhenlagen oder mithilfe von Spezialantennen ein mittelmäßiger Empfang möglich. Hinzu kam, dass ein Fernsehgerät nur für wenige Bürger erschwinglich war. So wurden bis Ende 1952 bundesweit erst rund 4.000 Geräte verkauft. In diesem Zusammenhang erwähnt Frau Rammler die damalige Schlüsselfigur des Westdeutschen Fernsehens: Fritz Eberhard. Dieser stellte sich gegen ein Staatsfernsehen und plädierte stattdessen für öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten, die ein unabhängiges Programm senden, das sich über Gebühren finanziert.
Aber auch wenn die Fernsehgeräte nach und nach etwas billiger wurden und das Interesse der Bevölkerung anstieg, so gab es immer noch das Problem, dass in Stuttgart ein Fernsehsender fehlte. Hier sann der Süddeutsche Rundfunk auf Abhilfe und sah im Hohen Bopser einen idealen Standort für einen Fernsehsender. Der Hohe Bopser ist ja eine 485,5 m ü. NHN hohe Erhebung auf der Filderebene. Damit das Fernsehen im Stuttgarter Kessel künftig keine Glückssache mehr sein sollte, beantragte der SDR den Bau eines 200 Meter hohen Fernsehsenders in Form eines Stahlgittermastes. Dieser sollte mit 3 Stahlseilen (Pardunen) nach unten abgesichert werden. Die Kosten dafür wurden damals mit 200.000 DM veranschlagt. Die Fertigstellung sollte 1954 erfolgen.
Von diesen Plänen erfuhr der Brücken- und Hochbauingenieur Fritz Leonhardt und äußerte sofort ästhetische Bedenken. Denn seiner Meinung nach würde ein Gittermast die schöne Stuttgarter Höhenlage verschandeln. Daher nahm er mit dem technischen Direktor des SDR, Helmut Rupp, und dem Intendanten Fritz Eberhard Kontakt auf. Dabei begeisterte er sie von seiner Idee, statt einem reinen Zweckbau einen Aussichtsturm mit einem Café zu bauen. Ein Sendeturm mit Gaststätte in schwindelnder Höhe würde nach seiner Ansicht eine einmalige Attraktion für die Stadt Stuttgart werden. „Wenn man da schon was baut, dann wollen wir was Ordentliches bauen, dass auch die Stuttgarter Bürger etwas davon haben“, so der überlieferte Originalton von Fritz Leonhardt.
Begeisterung und Bedenken waren gleichermaßen vertreten. So befürchtete der Stuttgarter Gemeinderat ein finanzielles Fiasko und es gab den Widerstand des Heimatbundes, der eine Störung der Waldruhe befürchtete. Und auch die Amerikaner, die zu dieser Zeit in Leonberg eine Relaisstation unterhielten, hatten Bedenken wegen einer Störung. Nach langen und ergebnislosen Verhandlungen mit der Stadt beschloss der Verwaltungsrat des SDR, den Turm aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Die Stadt stellte dafür das benötigte Baugrundstück als Erbpacht zur Verfügung und sorgte für die nötige Infrastruktur. Die Kosten für den Bau wurden ursprünglich mit 1,6 Mio. DM angegeben, beliefen sich letztlich aber auf 4,2 Mio. DM. Die Baukosten hatten sich jedoch schon nach 5 Jahren amortisiert. Denn bereits in den ersten Jahren besuchten mehr als 650.000 Besucher pro Jahr den Turm. Und wie wir später noch erfahren, waren es bis Oktober 2023 über 32 Millionen Besucher.
Am 10. Juni 1954 erfolgte dann der Spatenstich durch den damaligen Intendanten Fritz Eberhard und so wurde dann der erste Fernsehturm der Welt gebaut. Bauunternehmen waren die Firmen Gustav Epple in Arbeitsgemeinschaft mit Wayss & Freitag. Apropos Bau: da informiert uns Frau Rammler noch kurz darüber, dass jetzt genau 200 Meter unter uns der Tunnel, also die Röhre von S21, durchführt. Doch zurück zum Turm: Der in nur 1 ½ jähriger Bauzeit errichtete Fernsehturm war der weltweit erste Fernsehturm in Spannbetonbauweise und wurde zum Vorbild für alle anderen Fernsehtürme. Er gilt als ästhetisches und architektonisches Meisterwerk. Im Juli 2009 würdigte die Bundesingenieurkammer Fritz Leonhardt durch die Auszeichnung des Turms mit dem Titel „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst“. Auf der Internetseite des Fernsehturms ist das gesamte Bauwerk detailliert beschrieben, weshalb ich hier auf weitere Ausführungen verzichte.
Wir erfahren noch, dass die damaligen Bauarbeiter aufgrund der gefährlichen Arbeit eine Gefahrenzulage von 35 Pfennig pro Stunde erhielten. Was für die damalige Zeit schon lukrativ war. Es gab glücklicherweise auch keine nennenswerten Unfälle während der Bauarbeiten. Das Richtfest fand am 23. August 1955 statt. Als Getränk gab es damals ein Fass Hofbräu-Bier, welches per Hubschrauber hoch transportiert wurde . Hier ein kurzer Auszug aus dem damaligen Richtspruch:
„Doch verging noch manche Weile, bis der Turm in jedem Teile, diskutiert und finanziert. Schließlich, als ein Jahr zerronnen, hat man mutig ihn begonnen, und von da ab hat’s pressiert.“
Die feierliche Eröffnung war dann bereits am 5. Februar 1956. Und wie Frau Rammler erwähnt, waren jetzt alle Stuttgarter stolz auf ihren Fernsehturm, oder wie sie schmunzelnd sagte: „auf das Schwäbische Weltwunder“. Frühere Teilnehmer einer Führung hätten erzählt, dass sie in Seattle (USA) waren und den dortigen Aussichts- und Restaurantturm, den Space Needle (Weltraumnadel) besucht hatten und dort ein Schild sahen mit dem Hinweis auf den Stuttgarter Fernsehturm als Vorbild. Und wie bekannt ist, hatte der Vorsitzende der Weltausstellungskommission von 1962, Edward E. Carlson, durch einen Besuch im Frühjahr 1959 auf dem Stuttgarter Fernsehturm die Idee, ebenfalls ein Turmrestaurant zu errichten. Er informierte sich daher eingehend über den Turm und stellte dabei auch fest, dass er wirtschaftlich ein großer Erfolg war. Und auch für den CN Tower in Toronto war der Stuttgarter Turm Vorbild. Auch dort weist ein Schild am Tower darauf hin, wie andere Teilnehmer einer früheren Führung ebenfalls berichteten.
Frau Rammler weist uns dann noch auf die roten Leuchten am Turm hin. Sie dienen dazu, Piloten bei Nacht und schlechtem Wetter auf das hohe Bauwerk aufmerksam zu machen. Zusätzlich sind noch rotierende Xenon Hochdrucklampen eingesetzt, die in ihrem Aufbau den Scheinwerfern von Leuchttürmen entsprechen. Diese sind jede Nacht in Betrieb und richten ihren Lichtstrahl über den gesamten Mittleren Neckarraum. Sie lenkt unsere Blicke dann auch noch auf die Lüftungslöcher im Turm sowie auf einen Riss in der Außenwand, der durch hohe Sonneneinstrahlung entstanden ist. Dieser Schaden wurde natürlich gründlich untersucht. Solange jedoch der Stahl unter dem Beton nicht angegriffen ist, besteht auch keinerlei Gefahr und der Schaden kann durch sog. „Beton-Kosmetik“ behoben werden.
Nachdem die Geschichte des Turmbaus erzählt war, ging es dann für uns auf die Plattform des Turmes. Also nach so viel Hochschauen bekommen wir jetzt die Chance, dass wir nach unten blicken können. Mit dem Aufzug ging es in 36 Sekunden nach oben. Nun lag uns Stuttgart quasi zu Füßen. Es waren überwältigende Ausblicke, die wir nun genießen durften, da auch die Wetterlage so gut war. Von keinem anderen Punkt Stuttgarts aus ist der Blick auf die Stadt, über die Weinberglandschaft des Neckar- und Bottwartals, über das schwäbische Land hinüber zur Schwäbischen Alb, zum Schwarzwald und zum Odenwald so beeindruckend wie vom Fernsehturm, einfach phantastisch. Um auch Kindern diese tolle Aussicht zu ermöglichen, gibt es noch das zweite Geschoß der Aussichtsblattform. Apropos Aussicht: Damit auch die Besucher des Korbes trotz schönem Wetter keine trübe Aussicht haben, werden die Fenster des Turmkorbes regelmäßig mit einem „Elefanten“ gereinigt. Dabei handelt es sich natürlich nicht um ein Tier aus der Wilhelma, sondern um ein spezielles Fahrwerk mit Korb, welches an der Außenseite der Fenster entlangfahren kann. Der Begriff „Elefant“ dürfte wohl deshalb entstanden sein, weil aus dem Korb, in dem sich die Reinigungsmitarbeiter befinden, ein Schlauch heraushängt, der wie ein Elefantenrüssel aussieht. Und wir erfahren noch, dass der Möhringer Klaus Renz, Weltmeister im Fallschirmspringen, zwischen 2001 und 2004 bei SWR-Events dreimal mit seinem geschlossenen Schirm von der Aussichtsplattform sprang. Er habe auch schon unserer Führerin angeboten, mit ihm einen Tandemsprung von hier zu machen, was sie allerdings abgelehnt habe.
Nicht abgelehnt, jedoch derzeit stillgelegt sind die Fernsehantennen auf dem Turm. Und damit ist der Fernsehturm auch kein Turm mehr fürs Fernsehen. Der Grund: diese Antennen sind für den heutigen Frequenzbereich des terrestrischen Fernsehens nicht mehr geeignet. Somit hätte der Stahlgittermast umfangreich umgebaut werden müssen, was aus Kostengründen jedoch nicht erfolgte. So wird heute das Erste Fernsehprogramm über den benachbarten Fernmeldeturm der Telekom ausgestrahlt.
Jetzt war auch der Zeitpunkt gekommen, unseren Audioguide wieder aus dem Ohr zu nehmen und abzulegen, denn nun war unsere Führung zu Ende. Wir haben viel gesehen und sehr viel Neues über den Fernsehturm erfahren. Frieder Rutte bedankte sich deshalb bei Frau Rammler und Herrn Lehrle mit herzlichen Worten für die kompetente Führung, die durch die vielen und sehr interessanten Informationen für uns alle äußerst aufschlussreich war. Beide Führer bedankten sich dann auch bei uns für unser spürbares Interesse und betonten, dass wir eine tolle Gruppe seien.
Für uns hieß es nun wieder zur U-Bahn-Station Ruhbank zu gehen. Dort bildeten sich dann schnell entsprechende Fahrgemeinschaften je nach individuellen Vorhaben zwecks der weiteren Gestaltung des Tages, egal ob zurück nach Hause oder noch ein kleiner Bummel durch Stuttgart, verbunden mit dem Besuch einer Eisdiele oder eines Cafés. Verbunden mit der Möglichkeit, sich im kleinen Kreis noch einmal über das soeben Erlebte auszutauschen.
Den beiden Organisatoren dieses wirklich schönen und sehr interessanten Tages, Monika Lang und Frieder Rutte, gebührt unser herzlicher Dank für die Ausarbeitung und Organisation dieses tollen Events. Hier hat wieder alles gepasst, selbst das Wetter. Und so, wie die Stuttgarter stolz auf ihren Fernsehturm sind, so sind wir stolz darauf, dass unsere Sparkasse so ein tolles ASP-Team hat, welches uns immer wieder aufs Neue so schöne Veranstaltungen anbietet und durchführt. Und so war es auch kein Wunder, dass es beim Auseinandergehen immer wieder hieß: „Heut war es wieder schee, der Tag mit unserm ASP!“
Horst Neidhart
Fotos: Petra Benub, Horst Neidhart und Rolf Omasreither
Bildbearbeitung und Gestaltung: Rolf Omasreither

Wissen Sie, wo der größte Holzfasskeller in Deutschland steht, und wo Leichen im Pferdestall verscharrt worden sind?
Nein, Sie wissen es nicht? Die 51 ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, die sich am 9. Oktober 2024 morgens um 09:00 Uhr am Ludwigsburger Bahnhof trafen, um mit unserem ASP einen interessanten und schönen Tag zu erleben, können die Antwort geben: Den größten Holzfasskeller gibt es im Bürgerspital in Würzburg. Mit seinen einhundertsechzig Holzfässern zählt er zu den eindrucksvollsten und schönsten in Deutschland.
Ach ja, die Sache mit den Leichen im Pferdestall: So erzählt die Legende, dass Kilian, ein irisch-schottischer Missionsbischof mit zwei weiteren Mönchen (Kolonat und Totnan) in Würzburg das Evangelium verkündet hat und die Menschen zum christlichen Glauben bekehren wollte. Dabei mischte er sich aber in die Eheangelegenheiten des fränkischen Herzogs Gozbert ein und forderte von ihm als Beweis für dessen Bekehrung zum Christentum, dass sich dieser von Gailana, seiner Lebensgefährtin und Witwe seines Bruders, trennen müsse. Denn nach dem damaligen christlichen Gesetz galt diese Verbindung als Blutschande. Angeblich soll der Herzog die Forderung erfüllt haben, worauf Gailana die Missionare aus Rache mit dem Schwert ermorden, und die Leichen dann im Pferdestall der Herzogsburg verscharren ließ, dem heutigen Standort der Neumünster Kirche mit ihrer prächtigen Kuppel. Heute werden die Gebeine der drei Heiligen in einem Reliquienschrein in der Krypta der Neumünsterkirche aufbewahrt. Die Schädel befinden sich in einem Schrein aus Bergkristall im Altar des Kiliansdoms. In der Woche um den 8. Juli findet das Kiliani-Volksfest auf dem Marktplatz statt. Etwa vergleichbar mit unserem Cannstatter Volksfest.
Diese und viele weitere, teils altertümliche, teils witzige, wissenswerte und aktuelle Informationen über Würzburg erfuhren wir bei unserer späteren CITY TOUR durch die Altstadt von Würzburg. Denn die fränkische Stadt war das Ziel unseres heutigen Ausflugs. Doch zunächst zurück zum Beginn am Bahnhof Ludwigsburg. Dort begrüßten uns die beiden Kollegen, Werner Knoll und Reinhard Fröhlich, die diesen Tag für uns organisiert hatten, sehr herzlich und freuten sich über die große Anzahl der Teilnehmenden. Nach einer kurzen Einweisung in den vorgesehenen Tagesablauf standen wir dann gleich am Bahngleis, wo auch bald unser Zug nach Würzburg eintraf.
Nun hieß es für uns erst einmal im Zug einen Sitzplatz zu erhaschen, wobei wir natürlich möglichst nahe beieinandersitzen wollten. Denn wie immer gab es ja auch diesmal untereinander wieder viel zu erzählen. Und so vergingen für uns die rund zwei Stunden Fahrtzeit auch wie im Flug. Zwischendurch dann immer wieder einmal der Blick aus dem Fenster, um doch etwas von der Landschaft zu sehen.
In Würzburg angekommen, führte uns ein kurzer Fußweg zum Ratskeller, wo wir in der dortigen „Laube Lenz“ unser Mittagessen einnahmen. Diese Laube, ein einzigartiges Kunstwerk von Wolfgang Lenz gestaltet, ist die Illusion einer von innen erhellten, nächtlichen Gartenlaube und wird daher auch als „Nachtlaube“ bezeichnet. Ihr Gewölbe wird von einem ultramarinblauen Nachthimmel mit bleichem Vollmond und dunkelblauen Wolken überspannt. Die Wände und Latten sind bis ins kleinste Detail mit phantastischen Menschen- und Tierfiguren malerisch ausgestaltet, wobei die Grenze zwischen Illusion und Wirklichkeit immer wieder verschwimmt. Wir waren alle schon sehr beeindruckt davon, welchen einmaligen, besonderen Ort sich die beiden Kollegen, Knoll und Fröhlich, für unser mittägliches Mahl ausgesucht hatten. Und um es kurz zu machen: Speisen und Getränke wurden zügig serviert und schmeckten vorzüglich.
Wie gut, dass danach wieder ein kleiner Fußmarsch anstand, denn nun wollten wir ja unsere Fahrt mit dem City-Train antreten. Es dauerte nicht lange, und wir waren am Residenzplatz angekommen, dem Startpunkt der CITY TOUR. Als das Bähnchen ankam und die Fahrgäste der letzten Fahrt ausgestiegen waren, nahmen wir zügig Platz und es konnte losgehen. Nach kurzer Begrüßung und der Bitte, die Handys auszuschalten, wurden wir gleich auf den 8 Meter hohen Frankoniabrunnen auf dem Residenzplatz hingewiesen. Dieser monumentale Brunnen ist aber auch ein echter Blickfang vor dem prächtigen Barockschloss. Mitten aus dem Brunnenbecken erhebt sich ein massiver Brunnenpfeiler. Um diesen herum sind drei sitzende Figuren gruppiert. Sie stellen Tilmann Riemenschneider, Walther von der Vogelweide und Matthias Grünewald dar. Und auf dem Pfeiler blickt die Frankonia in Richtung Innenstadt. In ihren Händen hält sie die fränkische Sturmfahne sowie einen Lorbeerkranz, und zu ihren Füßen befindet sich ein Rundbild des Prinzregenten unter einer Krone, zusammen mit dem fränkischen und dem Würzburger Wappen.
Doch schon werden wir auf das nächste markante Gebäude hingewiesen, welches aufgrund des als Baumaterial verwendeten roten Sandsteins auch „Roter Bau“ genannt wird. Hier handelt es sich um das Greiffenclau-Palais, einem dreigeschossigen Mansardenwalmdachbau, dessen Sandsteinquader-Fassade mit reicher Barockgliederung versehen ist. Und unser Blick fällt dann noch auf das markante Gebäude nebenan: Auf das seit 2018 umgebaute, bzw. baulich neu ausgerichtete Mainfranken-Theater, welches 2019 zum Bayerischen Staatstheater ernannt wurde. Höhepunkte in der Geschichte dieses Theaters war der damalige Auftritt von Richard Strauss sowie ein Gastspiel von Niccolò Paganini.
Und weiter vorne in der Theaterstraße sehen wir jetzt das Bürgerspital zum Hl. Geist, welches im 14. Jahrhundert von wohlhabenden Bürgern gestiftet wurde. Bis heute werden hier pflegebedürftige Mitbürger aufgenommen und umsorgt. Daneben betreibt die Stiftung ein renommiertes Weingut, das heute zu den ältesten und bedeutendsten sowie größten deutschen Weingütern zählt. Auf 120 Hektar Rebfläche, besonders auf Hang- und Steillagen mit Steigungen bis zu 60%, werden insbesondere die Rebsorten Silvaner und Riesling angebaut, aber auch Müller-Thurgau, Weißer und Grauer Burgunder sowie Spätburgunder. Das Weingut erhielt 2022 vom Weinführer Eichelmann 4 Sterne verliehen. Und dann hören wir noch dieses kleine Gedicht, wonach dem Frankenwein eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird:
Frankenweine – Krankenweine
heißt’s im Lande auf und ab.
Weingestählte Frankenbeine
finden nicht so schnell ins Grab.
Dann wird unser Augenmerk auf den Dom gelenkt. Der St. Kiliansdom ist eine römisch-katholische Kirche, die seit 1967 – wie schon der Name sagt - dem Heiligen Kilian geweiht ist. Der Bau begann bereits um 1040, die Osttürme wurden dann 1237 vollendet. 1945 brannte der Dom völlig aus. Das Äußere des Doms wurde dann in alter Form wieder aufgebaut. 1987 begann man mit der Neugestaltung des Chores und 2011 wurde auch der Innenraum renoviert und umgestaltet. Der Dom ist auch die Bischofskirche des Bistums Würzburg. Auffallend seine Doppelturmfassade und mit seiner Gesamtlänge von 108 Metern ist er zugleich das viertgrößte romanische Kirchengebäude Deutschlands. Am Querhaus angebaut ist die Schönbornkapelle. Diese diente als Grablege für die Fürstbischöfe aus dem Hause Schönborn. Die Kapelle ist eine bedeutende Schöpfung von Balthasar Neumann, einem der bedeutendsten Baumeister des süddeutschen Barocks. Der Dom verfügt in seinen beiden Türmen über insgesamt 20 Glocken, die per Computer gesteuert verschiedene Melodien zu den entsprechenden Anlässen spielen können. Die Glocken wiegen insgesamt 26 Tonnen, wobei die größte Glocke 9,08 Tonnen schwer ist und einen Durchmesser von 2,30 Metern und eine Höhe von 2,40 Meter hat. Die älteste Glocke stammt übrigens aus dem Jahr 1257.
Dann erhielten wir einige Informationen zur Residenz Würzburg, welche laut UNESCO der Inbegriff des europäischen Barocks ist und als homogenstes Barockschloss seiner Art gilt. 1981 wurde die Residenz Würzburg mit Hofgarten mit dem UNESCO-Welterbetitel ausgezeichnet.
Ein besonderer Hinweis für einen evtl. später einmal geplanten Besuch, galt dann dem Deckenfresko mit den vier Erdteilen über dem Treppenhaus und den Wandgemälden des Kaisersaals, die vom Venezianer Giovanni Battista Tiepolo erschaffen wurden. Das insgesamt 18 x 30 Meter messende Gemälde ist eines der größten einteiligen Fresken, die je gemalt wurden. Des Weiteren wurden wir auf die Hofkirche in der Residenz hingewiesen. Sie ist einer der vollkommensten Sakralbauten des 18. Jahrhunderts in Deutschland und gehört als bahnbrechende Raumerfindung Balthasar Neumanns zu den Höhepunkten der Baukunst des Barocks.
Die nächste Information betraf das Südliche Kaiserzimmer und dort insbesondere das Spiegelkabinett. Dieses wurde in den Jahren 1740-1745 eingerichtet und ist durchgehend mit Spiegelglas ausgestattet. Im Gegensatz zu der sonst üblichen Ausgestaltung von Spiegelsälen im Barock und Rokoko, bei dem es üblich war, vor den in die Wand eingelassenen Spiegeln Porzellanfiguren zu positionieren, handelte es sich hier in Würzburg überwiegend um Hinterglasmalerei. Jedoch wurde im Zweiten Weltkrieg auch dieses kostbare Zimmer komplett zerstört. Im Jahr 1979 begann eine 8 Jahre dauernde Rekonstruktion. Dies war nur möglich, weil eine kleine Spiegelscherbe gefunden, und somit die besondere Art der Hinterglasmalerei analysiert werden konnte. Und mit Wolfgang Lenz wurde ein Maler gefunden, der sich – wie es heißt – gleichsam seelenverwandt in der Gedankenwelt der damaligen Künstler bewegte. So konnte 1987 das rekonstruierte Spiegelkabinett wieder in seiner ganzen Pracht eröffnet werden.
Auch die nächste Information war äußerst interessant und betraf nun den Südflügel der Residenz. Seit 1963 ist dort eines der größten Universitätsmuseen in ganz Europa untergebracht: das Martin von Wagner-Museum. Dies ist eines der bedeutendsten Universitätsmuseen Europas. In ihm gibt es Kunst aus fünf Jahrtausenden zu besichtigen. Johann Martin von Wagner war ein gebürtiger Würzburger, Maler und Bildhauer, Zeichner, Archäologe und Antiquar, der nach über fünfzigjährigem Wirken in Rom seiner Heimatstadt Würzburg seine gewaltige Kunstsammlung überließ. Das Museum ist in drei Bereiche gegliedert: in die Antikensammlung, die Gemäldegalerie und in die Graphische Sammlung.
Und dann kam folgender Hinweis: „Für wahre Weinfreunde ist der Besuch im Hofkeller der Residenz einfach ein Muss!“. Tja, aber wir saßen ja im City-Train und wollten noch mehr von Würzburg sehen und hören. Also, liebe ehemalige Kolleginnen und Kollegen, denken Sie bei Ihrem nächsten Besuch in Würzburg unbedingt daran. Denn dann gilt es für Sie eine atmosphärische Zeitreise zu beginnen und das 4.557 qm große Kellerlabyrinth des Staatlichen Hofkellers Würzburg zu entdecken. Denn wie heißt es auf der Homepage des Staatlichen Hofkellers so treffend: „Den Besucherinnen und Besuchern, die heute durch die stimmungsvoll beleuchteten Gänge und Gewölbe des Residenzweinkellers streifen, erschließt sich einer der schönsten Weinkeller der Welt.“ Denn in einem langen unterirdischen Tunnel werden auf gut 60 Meter Wegstrecke über 875 Jahre Geschichte lebendig, vom Gründungsjahr 1128 bis in die Gegenwart, vom Bischöflichen, Fürstbischöflichen, Königlichen Bayerischen bis zum Staatlichen Hofkeller Würzburg. Der überwältigende Eindruck der Holzfässer nimmt die Besucher immer wieder sofort gefangen.
Mit Blick nach links wurden wir nun auf den Hofgarten der Residenz hingewiesen, der frei zugänglich ist. Einige von uns haben ja nach der City-Tour dort auch kurz vorbeigeschaut. Sehenswert im Südgarten ist der Felsenbrunnen sowie die Sandsteinskulpturen, „Raub der Europa“ und „Raub der Proserpina“, einer römischen Gottheit und Königin der Unterwelt. Aber auch unter den kegelförmig geschnittenen Eiben sind noch etliche Statuen zu betrachten.
Am Josef-Stangl-Platz sehen wir dann die heutige Pfarrkirche St. Michael, eine ehemalige Jesuitenkirche. Ursprünglich hatte Balthasar Neumann eigentlich eine Hallenkirche mit Wandpfeilern und Chor geplant. Aufgrund von Rechtsschwierigkeiten und vielen Bauunterbrechungen ist es letztendlich eine nach Plänen von Johann Philipp Geigel und Johann Michael Fischer gebaute, klassizistisch geprägte Saalkirche mit diversen Seitenkapellen und Seitenemporen geworden, bei der jedoch einige Elemente aus Balthasar Neumanns Entwurf berücksichtigt wurden. Bei unserer Vorbeifahrt fiel uns sofort das Hauptportal der Kirche auf, welches rechts und links jeweils von zwei Säulen flankiert ist, über denen sich zwei Statuen befinden. Diese stellen die Jesuitenheiligen Ignatius von Loyola und Franz Xaver dar. Darüber der Dreiecksgiebel mit dem symbolischem Auge Gottes, umgeben von Engelsköpfen und Wolken auf goldenen Strahlen. Und ganz oben auf der Spitze ein Kreuz, welches von Engeln verehrt wird. Diese Schmuckelemente sind in Weiß hervorgehoben und fallen daher auch sofort ins Auge.
Wir sind jetzt in der Neubaustraße, die ihren Namen nach dem damaligen Neubau der alten Universität erhalten hat. Die Julius-Maximilians-Universität Würzburg wurde bereits 1582 gegründet, und zwar vom Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn. Der weitere Namensgeber ist König Maximilian I. Joseph von Bayern. Dieser förderte die Umwandlung der bischöflich-katholischen Universität in eine interkonfessionelle Universität. Heute sind beinahe 30.000 Studierende an der Uni eingeschrieben, damit rund 20 Prozent der Würzburger Bevölkerung. Die Universität mit ihrem Klinikum ist aufgrund ihrer hohen Anzahl von über 10.000 Beschäftigten nicht nur der größte Arbeitgeber, sondern damit gleichzeitig auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Region. Bis heute wurden bereits 14 Nobelpreise an Personen verliehen, die entweder an der Uni lehrten oder dort tätig waren, z.B. auch Wilhelm Conrad Röntgen, der den ersten Nobelpreis für Physik für seine Entdeckung der nach ihm benannten Strahlen erhielt.
In der Neubaustraße galt der Blick dann der dortigen barocken Häuserzeile, insbesondere wurden wir auf das Hotel Rebstock hingewiesen. Dieses Gebäude wurden bereits 1663 erstellt, 1911 restauriert und die Fassade nach der weitgehenden Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wieder originalgetreu rekonstruiert. Das Gebäude hat eine dreigeschossige Fassade mit reichen Stuckgliederungen im Stil des Rokokos von 1737.
Im weiteren Verlauf lohnte sich auch ein Blick auf die Höhe des Marienbergs mit der dortigen Festung Marienberg, die über Jahrhunderte den Würzburger Fürstbischöfen als Herrschaftssitz diente. Die Burg thront auf einer Höhe von 267 m ü. NN. In den Gebäudeteilen befindet sich u.a. auch das Museum für Franken, früher das Mainfränkische Museum. In über 40 Räumen sind dort Gemälde, Skulpturen und Kunsthandwerk aus Würzburg und Franken von der Frühzeit bis ins 19. Jahrhundert ausgestellt. Unter anderem auch die weltweit größte Sammlung von Arbeiten des Tilman Riemenschneiders sowie seine Grabplatte, die von seinem Sohn Georg entworfen wurde. Ein Abguss davon befindet sich, wie uns gesagt wurde, an der Nordseite des Doms. Es folgte noch ein kurzer Hinweis auf die Weinlagen unterhalb der Burg. Die rund 4 ha befinden sich im Alleinbesitz des Staatlichen Hofkellers. Es werden dort die Rebsorten Silvaner, Bacchus und Müller-Thurgau angebaut.
Dann sehen wir den 55 Meter hohen romanischen Turm, den sog. Geschlechterturm, als Teil des Würzburger Rathauses und erhalten jetzt Informationen zum Rathaus und zum Grafeneckart, dem ältesten Teil des Würzburger Rathauses. Das Gebäude wurde erstmals 1180 erwähnt. Seine ersten Besitzer waren Heinrich Billung und sein Sohn Graf Eckhart de Foro. Sie waren beide Schultheißen von Würzburg. Eckhard, der auch Stellvertreter des Burggrafen war, genoss ein hohes Ansehen, weshalb man ihn auch „Graf“ nannte. Und nach ihm ist der „Grafeneckart“ benannt, also der Hof des Grafen Eckhard. Der Turm hat einen annähernd quadratischen Grundriss. Im Turm befindet sich eine etwa 26 Zentner schwere Glocke für den Stundenschlag. Die Südfassade des Turms wird von einer Sonnenuhr geschmückt. Deren Inschrift mahnt zur Bescheidenheit: „Keines Menschen Geist hält den Lauf von Sonne, Mond und Sterne auf.“
Noch kurz ein Wort zu den „Geschlechtertürmen“. Diese entstanden zunächst vor allem im frühen 13. Jahrhundert in Italien, in Deutschland erst etwas später im 13. bzw. 14. Jahrhundert. Während sie anfangs vor allem der Verteidigung und als Rückzugsorte dienten, wurden sie später auch als Statussymbole benutzt. Denn mit ihnen konnte man Reichtum und Bedeutung sowie Einfluss der Familie (des Geschlechtes) eindrucksvoll darstellen.
Die nächsten Ausführungen betrafen dann den „schönsten Brunnen der Stadt“, den Vierröhrenbrunnen beim Grafeneckart, einem beliebten Treffpunkt für Einheimische und Touristen. Wie wir erfahren, war auch hier wieder Balthasar Neumann tätig, der hier die erste städtische Frischwasserleitung verlegte. Als wir später den Brunnen dann selbst in Augenschein nehmen konnten, sahen wir die über den Brunnenrand ragenden wasserspeienden Delphine. Über diesen sind jeweils Figuren angebracht, welche die sog. Kardinalstugenden verkörpern: Tapferkeit/Stärke, Weisheit, Mäßigung und Gerechtigkeit. Auffallend auch der sich nach oben hin verjüngende Obelisk, der mit der Figur der Frankonia abschließt und mit Wappen geschmückt ist.
Dann geht es an der Neumünsterkirche vorbei. Das Neumünster ist die Stiftskirche des ehemaligen Kollegiatstifts Neumünster und befindet sich an der Stelle, wo Kilian, Totnan und Kolonat (Sie erinnern sich?) angeblich den Märtyrertod starben. Die Fassade der Kirche zählt zu den schönsten Barockfassaden Süddeutschlands. Die Kuppel soll an die Kuppel über dem Grab des Heiligen Petrus in Rom erinnern.
Als wir am Marktplatz vorbeifuhren, erfahren wir, dass sich hier einst das jüdische Wohngebiet befand. Hier gab es im Jahr 1349 große Ausschreitungen. In dieser Zeit herrschte überall die Pest, und man warf damals den Juden vor, sie wollten die anderen Menschen vergiften und hätten deshalb Brunnen und Quellen vergiftet und so die Pest verursacht. Die damalige Synagoge wurde niedergebrannt und alle jüdischen Einwohner wurden vertrieben oder ermordet, bzw. haben sich selbst in ihren Häusern verbrannt. An der Stelle der zerstörten Synagoge haben die Bürger dann die Marienkapelle errichtet, die jedoch bereits 1377 wieder abgebrochen und an ihrer Stelle die heutige Marienkapelle gebaut. Im Zweiten Weltkrieg brannte die Kapelle vollständig aus. Heute ist der Innenraum modern gestaltet. Die Kirche gilt als Höhepunkt spätgotischer Baukunst in Unterfranken. Wir wurden insbesondere auf die Figuren in den Pfeilern und an den drei Portalen hingewiesen. Und den Abschluss der Turmhaube bildet eine kupfervergoldete Maria-Immaculata-Figur, deren Höhe 5,38 Meter beträgt. (Immaculata, lat. = die Unbefleckte).
Direkt neben der Kapelle fällt einem das Falkenhaus oder auch „Haus zum Falken“ mit seiner beeindruckenden Rokoko-Fassade sofort ins Auge. In diesem Gebäude befindet sich die Tourist-Information und die Stadtbücherei.
Und dann noch der wichtige Hinweis, dass wir gegenüber vom Falkenhaus den „Gutschein-Partner“ von City-Tour finden würden, das Café Schönborn. Denn unser Ticket war gleichzeitig auch der Gutschein für 1 Tasse Kaffee in dieser Lokalität.
Dann erreichten wir den Dominikaner-Platz, an dem sich, wie die Ansage lautete: „unlogischerweise das Augustiner-Kloster befindet“. Der Standort weist darauf hin, dass bis zur Säkularisation hier noch der Dominikanerorden angesiedelt war. Und wir erfahren, dass die „erste Hausbesetzung Würzburgs“ durch die Augustinermönche im Jahre 1813 erfolgte, als diese in einer „Nacht- und Nebelaktion“ in das leerstehende Dominikanerkloster einzogen, da man den armen Bettelmönchen von staatlicher Seite keinerlei Unterstützung gewährt hatte.
Dann werden wir auf das Klinikum und das Juliusspital aufmerksam gemacht. Das Universitätsklinikum Würzburg kann auf eine mehr als 400-jährige Geschichte zurückblicken und ist damit eine der ältesten Universitätskliniken Deutschlands. Weinkennern fällt beim Würzburger Juliusspital meistens als erstes der von ihm produzierte Silvaner ein. Und mal ganz ehrlich: ist es nicht schon etwas irritierend, wenn links neben dem Eingang das große Schild mit „Weingut Juliusspital“ angebracht ist, und rechts das Schild mit der Beschriftung „Krankenhaus Juliusspital“? Hoffentlich verwechselt das keiner. Aber der Hintergrund ist, dass der damalige Bischof von Würzburg, Julius Echter, 1576 mit der Gründung der Stiftung Juliusspital den Grundstein für ein neues, großes Krankenhaus legte. Das Spital sollte die Armen, die sich kein Krankenhaus leisten konnten, bei Krankheit aufnehmen. So ist es auch in der Überschrift des Torbogens zu lesen: „Juliusspital für Arme, Bußhafte und Kranke“. Und wer von den Patienten nicht regelmäßig in der Spitalkirche erschien, riskierte, hinausgeworfen zu werden. Um den Unterhalt des Spitals zu sichern, überschrieb der Bischof der Stiftung neben div. Grundbesitz auch Weinberge. Mit rund 180 Hektar Betriebsfläche ist das Juliusspital damit sogar das zweitgrößte Weingut in Deutschland.
Der nächste Blick galt nun der Festung Marienberg, und dem darunter liegenden Mainviertel, oder fränkisch: „Meeviertel“, dem ältesten Viertel von Würzburg und früher von zahlreichen Fischern und Schiffern bewohnt. Die Festung Marienberg ist der am längsten besiedelte Ort Würzburgs. Dort lebten schon vor über 3000 Jahren Menschen. So fanden sich hier Reste einer alten keltischen Fliehburg um 1000 v.Chr. Der Kern der späteren Burganlage ist die im Jahr 706 geweihte Marienkirche. Die Burg selbst wurde 1201 gegründet und um 1600 zum Renaissanceschloss umgebaut. Nach der Eroberung durch die Schweden erfolgte der Ausbau zu einer Barockfestung. Dann wurden wir auf das sich im barocken Zeughaus befindliche Fürstenbau-Museum hingewiesen, welches eine hervorragende Sammlung fränkischer Kunstwerke beinhaltet, z.B. auch weltberühmte Plastiken von Tilman Riemenschneider, aber auch Zeugnisse fränkischer Volkskunde und Weinkultur.
Und auf ein weiteres Kleinod des Rokokos wurden wir hingewiesen, welches sich ebenfalls auf der anderen Mainseite auf dem Nikolausberg befindet: Das Käppele, wie die Würzburger die dortige Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung nennen. Die Kirche mit ihrer zierlichen Doppelturm-Fassade und der markanten Dachlandschaft aus Kuppeln, Zwickeldächern und Turmhauben fügt sich harmonisch in die umgebende Landschaft ein. Die beiden schmalen Zwiebeltürme haben eine Höhe von 34 Metern, und die Kuppel des Zentralbaus eine Höhe von 25 Meter. Von der Terrasse vor dem Hauptportal aus hat man einen sehenswerten Blick auf die Stadt. Doch um diesen zu genießen muss man zuerst über den Kreuzweg mit seinen etwa 250 Stufen nach oben schreiten. Dieser Stationsweg ist übrigens der größte seiner Art in Deutschland und ist in Gestalt von gepflasterten Terrassen angelegt, die mit schattenspendenden Platanen bepflanzt sind. Kirche, Kreuzweg und die Weinberge bilden ein bedeutendes Kleinod des Spätbarocks.
Beim Abbiegen in die breite Juliuspromenade sehen wir dann rechts die großen, laternengekrönten Doppeltürme von Stift Haug. Die barocke Kirche St. Johannes in Stift Haug, meist einfach nur als „Stift Haug“ benannt, ist durch ihre Doppeltürme mit einer Höhe von 75 Metern und ihre 65 Meter hohe Kuppel ein prägender Bestandteil der Würzburger Altstadt. Sie ist eines der bedeutendsten Werke des italienischen Architekten Antonio Petrini, der damals fürstbischöflicher Baumeister war. Der Grundriss der Kirche hat übrigens die Form eines lateinischen Kreuzes.
Nach den Blicken aufwärts geht‘s jetzt als nächstes unter der Ludwigsbrücke hindurch. Die Brücke besteht aus 5 Steinbögen und hat eine Länge von 205 Metern. Benannt wurde die Brücke nach dem bayerischen König Ludwig III. Sie sollte damals eine friedliche Verbindung zwischen den einst verfeindeten Franken und Bayern symbolisieren. Die Brücke wird auch „Löwenbrücke“ genannt, da an ihren beiden Enden jeweils zwei Löwen aus Bronze den Brückenaufgang bewachen.
Danach erhalten wir noch einen kurzen Überblick über die Geschichte Würzburgs. Wie schon weiter oben erwähnt, bauten die Kelten vor etwa 3.000 Jahren auf dem Marienberg eine Schutzburg. Die Stadt selbst wurde erstmals im Jahr 704 urkundlich als „Castellum Virteburch“ erwähnt. 742 erfolgte dann die Gründung des Bistums Würzburg durch den Hl. Bonifatius. Etwa 250 Jahre später kam es in Würzburg zur Gründung einer Universität. Die Julius-Maximilians-Universität war die sechste Hochschulgründung im deutschsprachigen Raum. Viele Gelehrte und später auch bekannte Nobelpreisträger prägten die Entwicklung und Bedeutung der Stadt Würzburg bis in die heutige Zeit. Ab 1814 wurde die Stadt bayerisch und Nebenresidenz des Königshauses. So ist Würzburg auch Geburtsort bayerischer Könige. Leider wurde die Stadt gegen Ende des zweiten Weltkrieges fast vollständig zerstört. Über 5000 Menschen kamen im Bombenhagel der Royal Air Force ums Leben. Doch haben die Würzburger im Nachkriegsdeutschland schnell mit den Aufbauarbeiten und dem Beseitigen der Zerstörungen begonnen. Würzburg ist heute wieder eine für Bewohner, Touristen und Studenten interessante und lebendige Stadt. Mit rund 135.000 Einwohnern ist sie die fünftgrößte Stadt im Bundesland Bayern. Wie wir erfahren, werden 2/3 des Sozialproduktes mit Dienstleistungen erzielt. Bis auf wenige Ausnahmen gibt es in Würzburg fast keine Industrie.
Inzwischen wieder in der Neubaustraße angelangt, fällt uns sofort der 80 Meter hohe Turm der Neubaukirche ins Auge. Es ist der höchste Kirchturm in Würzburg. Allerdings wird diese Kirche heute nicht mehr für Gottesdienste genutzt, sondern dient heute der Universität Würzburg als Fest-Aula. Im Jahr 2005 bekam der Kirchturm noch ein Carillon, ein Turmglockenspiel.
Und mit einer Empfehlung für einen erneuten späteren Besuch der schönen Stadt und den damit geschickt eingebundenen Hinweis auf die gute fränkische Küche und den wohlschmeckenden Frankenwein, endete unsere City-Tour. Nun hatten wir noch etwas Zeit, entweder die eine oder andere Sehenswürdigkeit in der Stadt auf eigene Faust zu erkunden, oder sich auch einfach nur ein nettes Café auszusuchen, oder sich eine Portion Eis zu gönnen. Die Rückfahrt mit dem Zug erfolgte dann um 17:37 Uhr. Und natürlich gab es jetzt im Zug wieder viel zu erzählen über all das, was wir gesehen, gehört und erlebt hatten. Als dann diesmal sogar eine Fahrkartenkontrolle erfolgte, war der von uns meistens gesagte Satz: „Die Karten hat der Yellow Man“. Wobei der Kontrolleur sofort wusste, wen wir meinten: unseren Kollegen Werner Knoll, der eine gelbe Kappe aufhatte.
Keine gelbe Kappe auf dem Kopf, dafür aber immer den Schirm in erhobener Hand, das war Kollege Reini Fröhlich, der uns so in Würzburg immer zeigte, wo es lang ging. Beiden Kollegen, Werner Knoll und Reini Fröhlich gebührt ein ganz großes Lob und ein herzliches Dankeschön für die Organisation und reibungslose Durchführung dieses schönen und erlebnisreichen Tages. Und mit Blick auf die vielen Hinweise auf den guten Frankenwein, schließe ich meinen Bericht auch mit einer Forderung, die vermutlich so oder ähnlich mal im Würzburger Juliusspital gestellt wurde:
„Franggnwein auf Granggnschein!“ - Bis zum nächsten tollen Event mit unserem ASP!
Horst Neidhart
Fotos: Petra Benub, Reini Fröhlich, Horst Neidhart und Rolf Omasreither
Bildbearbeitung und Gestaltung: Rolf Omasreither